Janine H.* (28) sitzt in Beinwil am See AG auf einem Bänkli und schaut auf den Hallwilersee hinaus. «Das Wetter war so schön wie heute», sagt die Hotelfachfrau zu BLICK. «Doch wegen dieser Attacke werde ich draussen nun immer ein mulmiges Gefühl haben.»
Es passierte am 30. Mai. «Ich hatte am Nachmittag frei und ging am See spazieren», sagt Janine H. Gegen 15.30 Uhr kommt ihr ein Mann auf einem Töffli entgegen. «Er trug keinen Helm, ein rotes Shirt, dunkle Hosen und grüsste beim Vorbeifahren. Auch ich grüsste ihn.» Er fährt davon. Janine H. spaziert weiter.
Nur: Der Töfflifahrer kehrt zurück, fährt wieder an ihr vorbei. «Diesmal sagte er nichts und verschwand weiter vorne aus meinem Blickfeld.» Janine H. findet es komisch und läuft weiter.
Das Opfer hatte Todesangst
Dann passiert es! «Plötzlich sprang er bei der Feuerstelle am Spitz aus dem Gebüsch und kam auf mich zu», so Janine H. «Er schaute, als würde er mich gleich umbringen. Ich hatte Todesangst!» Er packt sie. «Doch ich wehrte mich.»
Aber nicht für lange Zeit. «Er warf mich ins nahe Feld, setzte sich auf mich und hielt mich fest. Er war sicher 120 Kilo schwer!» Janine H. ist sicher: «Der wollte mich vergewaltigen.» Denn ihre Tasche habe ihn nicht interessiert. «Ich schrie um Hilfe. Und kämpfte mit aller Kraft.»
Sie hat Glück: «Als eine Hand von mir kurz frei war, konnte ich mit einem Finger in sein linkes Auge stechen», sagt Janine H. «Als es blutete, hörte er auf.» Aber er bleibt auf ihr. «Er zitterte und sagte: ‹Es tut mir leid, ich habe einen Fehler gemacht, ich wollte dir nicht wehtun.›» Und: Er würde sie loslassen, wenn sie niemandem etwas erzähle. Sie verspricht es ihm. «Da liess er mich aufstehen – und ich rannte weg!» Der Täter haut ab.
Täter dank Phantombild gefasst
Janine H., die nur Kratzer hat, trifft kurz darauf auf zwei junge Frauen – eine ruft die Polizei. Die ermittelt sofort und erstellt ein Phantombild. Mit Erfolg: Nach zwei Tagen wird ein Schweizer aus der Region verhaftet. Es wird wegen Tätlichkeit und versuchter sexueller Nötigung ermittelt.
Nur: «Er kam bereits am nächsten Tag wieder frei», weiss Janine H. Weil sie arbeitet, verpasst sie den Anruf vom Haftgericht und wird deshalb per SMS informiert. «Unfassbar. Der könnte jederzeit wieder zuschlagen, am helllichten Tag! Warum klärt man nicht zuerst einmal seine Psyche ab?»
Er ist geständig
Die Staatsanwaltschaft stellte Antrag auf drei Monate U-Haft. Aber: Das Haftgericht liess ihn frei. Warum? «Wir können zur Begründung des Zwangsmassnahmengerichts nichts sagen», sagt Fiona Strebel von der Staatsanwaltschaft. Denn: «Das Verfahren vor diesem Gericht ist nicht öffentlich.» Aber sie bestätigt, dass der Beschuldigte geständig ist.
Janine H. will ein gerechtes Urteil. Im Moment sei ihr aber wichtig, «dass alle wissen, dass es am Hallwilersee zurzeit nicht so sicher ist. Wegen dieses Täters!» Als BLICK herausfindet, wer er ist und seine Version hören will, schnauzt D. V. ** (46) nur: «Hau ab, sonst polier ich dir eins!» Dann fährt der Allrounder auf seinem roten Töffli davon.
* Name geändert
** Name bekannt
Am besten lässt man es gar nicht zu sexuellen Übergriffen kommen, so die Strategie der Kantonspolizei Aargau. Konkret: «Meiden Sie nachts dunkle, verlassene Orte, wenn Sie sich nicht wohlfühlen.» Und: «Alkohol- und Drogenkonsum trüben die Wahrnehmung. Bleiben Sie aufmerksam.»
Kommt es trotzdem zu einem Angriff, muss man die Situation genau abschätzen: «Ist eine Flucht möglich, ist das die ungefährlichste Lösung», heisst es von der Kapo. Und: «Grundsätzlich sollte man so schnell wie möglich die Polizei alarmieren.» Ist keine Flucht möglich, sollte man sich wehren: «Man kann boxen, treten oder laut schreien, um Passanten auf sich aufmerksam zu machen.» Es gibt aber Ausnahmen: Ist der Angreifer bewaffnet, könnte Gegenwehr die Situation zum Eskalieren bringen. Was immer hilft: In einer Gruppe ist man weniger angreifbar als allein.
Am besten lässt man es gar nicht zu sexuellen Übergriffen kommen, so die Strategie der Kantonspolizei Aargau. Konkret: «Meiden Sie nachts dunkle, verlassene Orte, wenn Sie sich nicht wohlfühlen.» Und: «Alkohol- und Drogenkonsum trüben die Wahrnehmung. Bleiben Sie aufmerksam.»
Kommt es trotzdem zu einem Angriff, muss man die Situation genau abschätzen: «Ist eine Flucht möglich, ist das die ungefährlichste Lösung», heisst es von der Kapo. Und: «Grundsätzlich sollte man so schnell wie möglich die Polizei alarmieren.» Ist keine Flucht möglich, sollte man sich wehren: «Man kann boxen, treten oder laut schreien, um Passanten auf sich aufmerksam zu machen.» Es gibt aber Ausnahmen: Ist der Angreifer bewaffnet, könnte Gegenwehr die Situation zum Eskalieren bringen. Was immer hilft: In einer Gruppe ist man weniger angreifbar als allein.