Er nennt sich Bacio und sagt: «Ich Arbeit? Nein, keine Arbeit, ich Tourist.» Bacio, der selbstverständlich nicht so heisst, ist Bulgare. Seit über einem Jahr komme er regelmässig mit seinem grünen Ford Transit nach Herzogenbuchsee im bernischen Oberaargau, erzählt er. Er kaufe hier alte Autos oder Motorräder und exportiere sie dann nach Bulgarien.
Bacio ist nicht der Einzige. Seit Monaten stehen mehrere Lieferwagen mit bulgarischen Kennzeichen über Nacht auf dem Parkplatz unweit des ehemaligen Restaurants Brauerei. Wer oder was sich im Inneren befindet, sieht man nicht. Die Fenster sind mit schwarzer Folie verklebt.
Seit die Fahrzeuge aus dem Osten aufgetaucht sind, fragen sich viele in Herzogenbuchsee: Was tun die hier?
Zuerst vermutete man, die Männer arbeiteten illegal auf Baustellen. Doch die Unia-Zweigstelle in Langenthal hat das abgeklärt – und lief ins Leere.
Recherchen von SonntagsBlick zeigen nun: Die Bulgaren sind als selbständig erwerbende Schrotthändler unterwegs. Sie sammeln Alteisen, gebrauchte Pneus, Elektro-Abfälle. Die Ware verkaufen sie an Recycling-Firmen in der Region.
Zum Beispiel an die Metalswiss GmbH im Industriegebiet von Herzogenbuchsee. Die Firma gehört dem Kosovaren Bekim Krasniqi. «Ja, ich habe auch schon Ware von den Bulgaren gekauft», sagt er am Telefon. Er betont, dass er nur Alteisen und alte Pneus annimmt. Neuware akzeptiere er nicht.
Ganz sauber ist das Geschäft der Bulgaren-Banden trotzdem nicht. Auf ihre Geschäfte zahlen sie weder AHV noch Mehrwertsteuer, geschweige denn ordentliche Steuern. Sie sind offensichtlich nicht angemeldet – doch genau das müssten sie spätestens nach neun Tagen in der Schweiz sein, wenn sie selbständig arbeiten. Sonst machen sie sich strafbar (siehe Box).
Die Kantonspolizei Bern bestätigt, dass sie bei Kontrollen in Herzogenbuchsee «Personen wegen illegaler Erwerbstätigkeit verzeigt» habe. «Wenn festgestellt wird, dass sich Personen illegal in der Schweiz aufhalten, werden diese dem Migrationsdienst zugeführt», sagt Polizei-Sprecherin Simona Benovici. Die Gemeinde ihrerseits hat die Securitas-Kontrollen auf dem Parkplatz verschärft und stellt vermehrt Bussen aus. Auch die Polizei kontrolliert regelmässig.
Die Bulgaren scheint das nicht weiter zu kümmern. Sie wohnen an der Zürichstrasse 16, nur etwa 200 Meter vom Parkplatz. Die Zürichstrasse ist die meistbefahrene Strasse in Herzogenbuchsee. Kein sehr attraktiver Ort zum Wohnen.
Für den Vermieter sind die Bulgaren ein gutes Geschäft. Er überlässt ihnen ein Zimmer für 450 Franken, eine 4,5-Zimmer-Wohnung für 1000 Franken im Monat:
«Die Bewohner wechseln ständig, so alle zwei bis drei Monate», sagt der Vermieter. Er schaue nur, dass rings um das Haus Ordnung herrsche, der Rest interessiere ihn nicht: «Das ist das Problem der Behörden.» Doch die wissen von nichts. Gemeindepräsident Markus Loosli (FDP): «An dieser Adresse sind bei der Gemeinde derzeit keine ausländischen Staatsangehörigen gemeldet.»