Nur einige Sekunden. Nur kurz eingenickt. Der Schlaf, der den Tod bringt. Der eine junge Familie brutal auseinanderreisst.
Es passiert am Montag, um 5.45 Uhr. Auf der Reisestrecke ins französische Département Hérault am Mittelmeer. 50 Kilometer hinter Genf.
Auf der Autobahn A 41 bei Aix-les-Bains (F) überholt Familienvater Markus R.* (37) aus Buchs ZH mit seinem Nissan-Pick-up einen Sattelschlepper. Dann nickt er ein. Für ein paar fatale Sekunden.
Markus R. kracht ungebremst ins Heck
«Der Chauffeur eines Lasters vor ihm sah im Rückspiegel noch, wie der Pick-up heranschiesst», sagt Polizeisprecher Fréderic Brachet. Reagieren kann der Trucker nicht mehr. Markus R. kracht ungebremst ins Heck. Die rechte Autoseite wird eingedrückt. Dort sitzen Mutter Simone (35) und Tochter Fiona (4). Sie sterben noch am Unfallort. Markus und die jüngste Tochter Livia (2) werden leicht verletzt. Ein paar Kratzer, die im Spital von Chambéry (F) verarztet werden.
Ein Urlaub endet tragisch, noch bevor er richtig begonnen hat. Familienferien, die sich Markus, Simone, Fiona und Livia redlich verdient hätten.
«Markus arbeitete wie verrückt»
«Markus arbeitete wie verrückt», sagen die Nachbarn in Buchs. «Jeden Morgen fuhr er um 6 Uhr zur Arbeit, vor 19 Uhr war er nie daheim. Und am Wochenende schuftete er weiter – im eigenen Garten.»
Markus R. ist Betriebsleiter einer Kompogas-Anlage in Otelfingen ZH. Dort wird aus Bio-Abfällen Treibstoff gewonnen.
Neben der Arbeit bleibt ihm kaum Zeit für die Familie. «Dabei vergötterte er seine Töchter. Für sie hat er alles getan», sagt eine Nachbarin.
Vor sieben Jahren ziehen Simone und Markus R. nach Buchs in ein Einfamilienhaus. Ende 2006 wird Töchterchen Fiona geboren, im Sommer 2009 bekommt sie ein Schwesterchen, Livia.
Im Garten haben die Eltern den Mädchen ein kleines Paradies gebaut: Fiona hat ein eigenes Häuschen mit Rutschbahn, auf einem Trampolin können sich die Mädchen austoben. Neben der Tür kleben Dutzende Fotos von Livia und Fiona. «Simone kümmerte sich immer liebevoll um die Kleinen», erzählen die Nachbarn. «Weil ihr Mann so viel arbeitete, widmete sie sich ganz den Kindern. Sie war Hausfrau und Mutter, ging mit ihnen in die Frühspielgruppe und bastelte mit den Mädchen.» Stolz verschickt die Familie jeweils selbst gemachte Weihnachtskärtchen an die Nachbarn.
«Am Sonntagabend schlief er nicht mehr»
Bis kurz vor der Abreise legt sich Markus R. für die Arbeit ins Zeug. «Er hatte ein anstrengendes Wochenende», erzählt seine Mutter den Nachbarn. Eine neue Kompogas-Anlage in Wauwil LU hat Tag der offenen Tür. Markus R. ist im Einsatz.
«Am Sonntagabend schlief er gar nicht mehr», sagt die Grossmutter von Livia und Fiona zu den Nachbarn. «Freunde warteten schon in Südfrankreich. Und Markus wollte die Ferien für seine Familie nicht verkürzen.»
Deshalb fährt Markus R. noch in der Nacht auf Montag los. 700 Kilometer sind es bis ans Ziel. Kurz vor dem tragischen Unfall legt Markus R. sogar noch einen Stopp ein. «Aber er fühlte sich fit genug, um weiterzufahren», erzählt seine Mutter den Nachbarn.
Ein Fehler, der ihn nun ein Leben lang verfolgen wird.
* Name der Redaktion bekannt