Im Video machen sie den Hitlergruss
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Geheimes Treffen von Neonazis:Im Video machen sie den Hitlergruss

Hitlergrüsse und Hassmusik – Schweizer ziehen die Fäden!
Undercover an Geheimtreffen von Neonazi-Netzwerk

Bei Mailand traf sich die Führungsriege der gewaltbereiten Hammerskins. Verdeckte Aufnahmen gewähren einen seltenen Einblick in das Netzwerk – und belegen die Schlüsselrolle des Schweizer Ablegers.
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Das Hammerskin-Konzert in Italien. Auf der Bühne hängt links die Fahne des Schweizer Ablegers.
Foto: Exif-Recherche

Darum gehts

  • Hammerskins feierten am 15. November ein Konzert nahe Mailand mit Neonazis
  • Schweizer Hammerskins spielten zentrale Rolle bei der Organisation des Wochenendes
  • Mindestens 12 Schweizer unter Teilnehmern, 6000 Rechtsextreme bei Event 2016
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Fabian EberhardStv. Chefredaktor SonntagsBlick

Schockbilder aus Italien: In der Nähe von Mailand feiern Hunderte Hammerskins. Als die deutsche Band Spreegeschwader ihre Gitarrenriffs durch die Halle jagt, strecken die Neonazis die Arme zum Hitlergruss. Das Publikum brüllt mit: «Sieg Heil!»

Die deutsche Recherche-Plattform Exif hat das Konzert der rechtsextremen Bruderschaft mit versteckten Aufnahmen dokumentiert. Sie liegen Blick vor. Die Teilnehmer reisten aus ganz Europa an – mindestens ein Dutzend auch aus der Schweiz.

Einblick in abgeschottetes Netzwerk

Das Konzert fand am Abend des 15. November im lombardischen Lonate Pozzolo statt. Die Bilder gewähren einen seltenen Einblick in das verschwiegene Netzwerk der Hammerskins. Die Organisation propagiert rechten Terror, ihre Mitglieder kämpfen für die «Vorherrschaft der weissen Rasse». Viele von ihnen haben bereits schwere Gewalttaten begangen.

Das Konzert bildete den Abschluss eines geheim organisierten Wochenendes. Bereits am Mittag hatte sich die Führung der Hammerskins zu einem internen Strategie-Treffen versammelt, dem sogenannten «European Officers Meeting». Mit dabei waren Neonazi-Kader aus Italien, Deutschland, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Finnland – und der Schweiz.

Die Schweizer spielten beim Wochenende nördlich von Mailand eine zentrale Rolle. Sie waren massgeblich an der Organisation beteiligt. Wie die Bilder von Exif belegen, hing auf der Konzertbühne das Banner des Schweizer Hammerskin-Ablegers. Zwei gekreuzte Hämmer über einem Zahnrad. Drei Schweizer übernahmen Sicherheitsaufgaben, zwei Frauen aus der Schweiz betreuten einen Verkaufsstand.

Schweizer Ableger spielt Schlüsselrolle

In Italien mit dabei waren bekannte Gesichter der hiesigen Szene. Neben jüngeren Neonazis reiste etwa der über 50-jährige Innerschweizer T. W.* an, der seit mehr als 20 Jahren Mitglied der Hammerskins ist. Die Bruderschaft als «Lebensbund».

Dass Neonazis aus der Schweiz das Wochenende mitorganisierten, ist kein Zufall. Das Schweizer «Chapter» – so nennen die Hammerskins ihre regionalen Gruppen – nimmt seit Jahrzehnten eine Schlüsselrolle im internationalen Netzwerk ein.

Der Schweizer Ableger wurde am 17. August 1990 gegründet – am dritten Todestag von Hitlers Stellvertreter Rudolf Hess. Er war das erste europäische Chapter überhaupt und gilt als sogenanntes «Motherchapter». Von hier aus breitete sich die ursprünglich aus den USA stammende Organisation in Europa aus.

Krawalle an «Blocher-Demo»

Ins Blickfeld der Öffentlichkeit traten die Hammerskins in der Schweiz das erste Mal 1995, als sie mit einem Mob an der «Blocher-Demo» im Zürcher Niederdorf aufmarschierten und Gegendemonstranten der linksradikalen Szene angriffen.

In den Jahren darauf kam es immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen von Hammerskins auf Linke und Migrantinnen und Migranten. Mitglieder der Schweizer Szene pflegten auch enge Kontakte ins direkte Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), der rechtsextremen Terrorzelle um Beate Zschäpe, die in Deutschland zwischen 2000 und 2007 neun Migranten und eine Polizistin ermordet hat.

2016 beteiligten sich Hammerskins an der Organisation eines Konzerts in Unterwasser SG. Fast 6000 Rechtsextreme reisten an – es war der grösste Neonazi-Event der Schweizer Geschichte.

Recherche-Hinweise

Haben Sie Hinweise zu brisanten Geschichten? Schreiben Sie uns: recherche@ringier.ch

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Deutschland kippt Verbot

In den vergangenen Jahren ist es ruhiger geworden um die Organisation. Doch hinter den Kulissen sind ihre Mitglieder weiterhin aktiv.

Einen Erfolg erzielte das Netzwerk in Deutschland: Vor einer Woche hob das Bundesverwaltungsgericht das Verbot der Hammerskins auf. Die ehemalige Innenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte die Vereinigung samt ihren regionalen Ablegern 2023 verboten.

Das Gericht entschied aus formalen, nicht aus inhaltlichen Gründen. Es sei nicht ausreichend bewiesen, dass in Deutschland eine bundesweite, tonangebende Ebene der Neonazi-Gruppierung existiere. Nur in diesem Fall ist das Innenministerium zu einem Verbot befugt. Bleibt der Wirkungskreis einer Gruppierung auf einzelne Regionen beschränkt, zum Beispiel auf lokale Chapter, sind die Bundesländer zuständig.

* Name bekannt

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