Hirzel-Mord: Angeklagter leugnet

Publiziert: 16.10.2006 um 18:16 Uhr
|
Aktualisiert: 07.09.2018 um 10:20 Uhr
ZÜRICH – Leichenspürhunde, Handy und Datenbank: All das führte zur Aufklärung des Prostituiertenmordes von Hirzel. Doch der 48-jährige Angeklagte streitet alles ab.Seit gestern steht der verdächtigte Bauer – er wird von allen Hänsel gerufen – vor dem Zürcher Geschworenengericht. Die Anklage: Er soll im Juli 2003 eine damals 39-jährige Prostituierte aus der Zürcher Drogenszene ermordet haben.Aber bis jetzt streitet der Mann alles ab. Der Tod der Frau sei eine unglückliche Verkettung verschiedener Umstände, beteuerte er heute vor seinen Richtern.Die 39-jährige Drogenprostituierte war am 22. Juli 2003 spurlos verschwunden. Ihre stark verwesten sterblichen Überreste wurden im Juni 2004 in einem Waldstück im Zürcher Sihltal bei Hirzel gefunden, in der Umgebung eines Heuschobers des Angeklagten. Sie waren in 1,80 Metern Tiefe vergraben. Bergung und Identifizierung der Leiche waren schwierig.Um dem nicht vorbestraften Landwirt auf die Spur zu kommen, waren modernste Fahndungsmittel eingesetzt worden: So wurde mit Hilfe des kanadischen Elektroniksystems VICLAS («Violent Crime Linkage Analysis System») ein Täterprofil gezeichnet. Dabei stiessen die Ermittler auf den Schweizer, der wegen Gewalt gegen Prostituierte polizeilich erfasst und wenige Monate vor der Tat vom Bezirksgericht Zürich von der Anklage von Sexual- und Gewaltdelikten an einer Drogenprostituierten freigesprochen worden war. Zudem zeigte die Analyse des Telefonverkehrs der Vermissten, dass sie mit ihrem Handy zuletzt bei einer Mobilfunk-Antenne im Sihltal eingeloggt war. Darauf wurden sämtlichen Liegenschaften des Landwirts minuziös untersucht. Schliesslich fanden Leichensuchhunde der Kantonspolizei Bern – damals die einzigen in der Schweiz – die vergrabene Leiche.Dies war alles, was der Landwirt zugeben wollte: Er sei mit der Frau in einem Schober gewesen, wo sie vom Heuboden gestürzt sei. Um ihr Schreien zu ersticken, habe er ihr den Mund zugehalten, weil gerade zwei Velofahrer vorbeigefahren seien. Dabei scheine sie erstickt zu sein. Aber die rechtsmedizinischer Untersuchung kommt zu einem ganz anderen Ergebnis: Die Prostituierte sei mit zwei Drahtschlingen stranguliert oder mit einem Messer erstochen worden. Darauf der Angeklagte: Das könne er sich nicht erklären. Gemäss Anklage soll der Mann die Leiche zwei Tage im Schober liegen gelassen, sie dann entkleidet und 120 Meter entfernt vergraben haben.Der Staatsanwalt warf dem Angeklagten vor, sich aus krass egoistischen Gründen einer als lästig empfundenen Person entledigt zu haben. Der Mann hatte zuvor ein unauffälliges Leben geführt. Unter anderem war er im Feuerwehrverein und im Skiclub sowie im Krankenpflegerverein engagiert, der Pilgerfahrten nach Lourdes organisierte. So geht es weiter: In den folgenden Tagen werden gegen 50 Zeugen und Experten befragt. Die Plädoyers von Anklage und Verteidigung sind am 31. Oktober geplant, die Urteilseröffnung am 3. November.
Fehler gefunden? Jetzt melden