Hier wurde ETH-Professor Franz Rys († 66) gefunden
Unter dieser Betonplatte lagen zwei Leichen

Fast elf Jahre lang musste die Familie des Atomphysikers auf die traurige Gewissheit warten. Nur dank dem Goldkettchen konnte Rys Leiche in Prag identifiziert werden. Seine Mörder dürften ihn regelrecht exekutiert haben: mit einer einzigen Kugel in den Hinterkopf.
Publiziert: 10.06.2014 um 19:13 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 00:50 Uhr
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Spezialisten der Prager Polizei auf dem Todes-Bauernhof.
Foto: Bez
Von Adrian Schulthess

Das Goldkettchen mit seinem Geburtsdatum machte die Identifizierung erst möglich: Der Zürcher ETH-Professor Franz Rys († 66) war 2003 regelrecht exekutiert worden. Laut der tschechischen Zeitung «Blesk» dürften ihn die Killer mit einer einzigen Kugel in den Hinterkopf getötet haben.

Am 29. Dezember 2013 führten Spürhunde die Beamten der Abteilung für organisierte Kriminalität der Prager Polizei zur Leiche von Rys.

Rys war schweizerisch-tschechischer Doppelbürger. Seine Mörder hatten ihn auf einem Bauernhof in Nimburg vergraben, einem Örtchen rund 40 Kilometer ausserhalb der Hauptstadt Prag. Die Leiche  war in einer Scheune 1,7 Meter tief in der Erde vergraben.

Fast elf Jahre lang musste die Familie des Atomphysikers auf die traurige Gewissheit warten. Rys war am 17. Januar 2003 in Prag verschwunden. Die Polizei geht davon aus, dass er noch an jenem Tag getötet wurde.

Der Durchbruch im Fall Rys liess lange auf sich warten. Dann ging alles ganz schnell. Anfang September 2013 verhaftete die Polizeiabteilung drei Personen. Zwei wegen Steuerhinterziehung, eine wegen Freiheitsberaubung.

Einer der drei Tatverdächtigen soll mit Rys verhandelt haben: Er wollte dem Schweizer ein Grundstück abkaufen. Die Behörden gehen davon aus, dass die mutmasslichen Mörder zur tschechischen Immobilienmafia gehören.

Ähnliches hatte Franz Rys’ jüngerer Bruder Paul (74) bereits vor zwei Jahren vermutet. Franz Rys hatte vom Vater Gebäude und Grundstücke in Prag geerbt.

Die Ermittlungen führten die Spezialisten für organisierte Kriminalität der Prager Polizei schliesslich nach Nimburg. Dort stiessen sie nicht nur auf die Überreste von Franz Rys, sondern fanden eine zweite Leiche: die der Tschechin Michaela Synková († 33). Die Killer hatten die Frau ebenfalls erschossen und in der Scheune vergraben. Sie lag auf jener Betonplatte, mit der die Mörder das Grab von Rys verschlossen hatten, einen Meter unter der Erdoberfläche, beschwert mit einer weiteren Platte. Synková hatte Schulden, galt seit 2008 als vermisst. Die Mörder von Franz Rys müssen also Jahre später zur Scheune zurückgekehrt sein, um die Leiche ihres zweiten Opfers zu beseitigen.

Werden die Tatverdächtigen wegen Mordes verurteilt, droht ihnen in Tschechien eine lebenslängliche Freiheitsstrafe. Die Angehörigen haben Franz Rys vor rund zwei Wochen auf dem Bergfriedhof in Innerarosa GR beigesetzt.

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