Weil ihm nicht gefiel, was er bei der Stimmenauszählung sah, twitterte Donald Trump wärend der US-Wahlen ohne Ende. Das wiederum gefiel Twitter nicht. Viele Tweets des Präsidenten wurden mit dem Hinweis versehen, sie könnten Falschinformationen enthalten. Oft zeigte Twitter den Inhalt gar nicht mehr direkt an: Erst wer Trumps Posts anklickte, konnte sie im Original lesen.
Für viele Trump-Anhänger war dies ein Grund, alternative Social-Media-Plattformen zu suchen. Etwa Parler, einen Kurznachrichtendienst, der bei den Nutzern gerade hoch im Kurs steht: Seit Juni verzehnfachte sich ihre Zahl. «Free Speech Social Network» nennt sich Parler, soziales Netzwerk für freie Meinungsäusserung. Im Gegensatz zu Twitter und Facebook, so die unterschwellige Message.
Was harmlos klingt, hat es in sich. Denn auf Parler tummeln sich neben konservativen US-Republikanern vor allem Rechtsextreme und Verschwörungstheoretiker, insbesondere aus den USA. Auch Rechtsextreme sowie einige Politiker aus der Schweiz tauschen sich mittlerweile auf Parler aus.
Posten, was man will
Umstrittene Botschaften – zum Beispiel, «Black Lives Matter»-Aktivisten seien Terroristen oder die Corona-Impfung diene der Versklavung der Menschheit – werden von herkömmlichen Online-Diensten stark reglementiert. Auf Parler hingegen kann mit wenigen Ausnahmen jeder posten, was er will. Gemäss CEO John Matze müsse man den «Techno-Autoritären» Twitter und Facebook endlich etwas entgegensetzen. Für Matze heisst das konkret: nichts gegen gefährliche Tendenzen unternehmen.
«Dass auf Social Media jeder Inhalte verbreiten kann, ist an sich nicht schlecht», sagt Lisa Schwaiger, die an der Uni Zürich gerade ihre Doktorarbeit über Alternativmedien schreibt. «Problematisch wird es, wenn absichtlich Falschinformationen verbreitet werden. Die Plattformen müssen reagieren und Beiträge moderieren.» Sonst könnten sich extreme Gruppen weiter abkapseln.
Von Moderation ist auf Parler wenig zu sehen. US-Politiker versteigern Gewehre unter ihren Followern. Anhänger der Verschwörungstheorie QAnon, die in Hillary Clinton, Barack Obama und vielen weiteren Prominenten durchtriebene Kinderschänder sehen, geben ihre Horrorstorys von sich. Und die Proud Boys, rechtsextreme Milizionäre aus den USA, stacheln «Fake News»-Diskussionen an. In dieser Echokammer des Schreckens können sich alle austoben.
Keine Twitter-Alternative
Dass sich Parler als gleichwertige Twitter-Alternative etabliert, glaubt der Verschwörungsexperte Miro Dittrich von der Amadeu Antonio Stiftung nicht. «Dazu sind die Inhalte zu monothematisch. Was da gepostet wird, ist oft einfach hemmungslos menschenfeindlich und in der Gesellschaft kaum mehrheitsfähig.»
Man müsse Parler aber beobachten. «Exponenten aus rechtsextremen Kreisen sind froh über eine solche Plattform und könnten sich weiter unkontrolliert radikalisieren.»
Sollte Trumps Twitter-Account im Januar gelöscht werden, wie bereits gemunkelt wird, und er sich stattdessen auf Parler begeben, wird dies eine weitere Sogwirkung auf diese krude Plattform haben.
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