Toni Amherd (42) aus Naters VS hat eine Leidenschaft: Er kifft für sein Leben gern. Mehrmals täglich dreht sich der Walliser einen Joint. «Es entspannt mich einfach», sagt er und nimmt einen tiefen Zug. Im Sommer 2014 wurde ihm seine Liebe zu «Gras» zum Verhängnis. Er bekam gleich zweimal Post von der Staatsanwaltschaft.
«Bei einer Kontrolle am 21. Juni 2014 wurden bei Anton Amherd 0,3 Gramm Marihuana sichergestellt», schreibt die Staatsanwaltschaft Oberwallis im Strafbefehl vom 7. Juli. Geahndet wurde der Verstoss gegen das Betäubungsmittelgesetz mit 1000 Franken Busse plus 300 Franken Verfahrenskosten. Amherd: «1000 Franken wegen Kiffen – das wollte ich nicht auf mir sitzen lassen.»
Amherd wehrt sich erfolglos
Doch die Gesetzeshüter doppelten nach. 14 Tage später folgte das zweite Schreiben. Wieder war Amherd beim Kiffen erwischt worden, diesmal fand die Polizei 2,2 Gramm Gras. Die Strafe: 500 Franken Busse plus 300 Franken Verfahrenskosten. Amherd legte gegen beide Strafbefehle Einsprache ein. Seines Wissens betrage die Ordnungsbusse für den Konsum von Cannabis seit Herbst 2013 nur noch 100 Franken. Doch davon will die Walliser Justiz nichts wissen. Sie wies beide Beschwerden zurück.
Landet eine Anzeige wegen Kiffens auf ihrem Tisch, liegt es offenbar in ihrem Ermessen, wie hoch die Bussen sind. Auch Amherds Nachbar und Anwalt Peter Volken biss sich an dem Fall die Zähne aus. Inzwischen ist das Dossier auf 37 Seiten angewachsen. Volken schüttelt den Kopf: «Mein Vertrauen in die Justiz wird durch dieses absurde Verfahren auf die Probe gestellt.»
Kiffer-Clubs in Zürich, Genf – und jetzt auch in Bern
500'000 bis 600'000 Schweizer rauchen nach Schätzungen regelmässig Cannabis. Ärzte entdeckten die heilende Wirkung für Schmerzpatienten. Zürich und Genf wollen mit Cannabis-Clubs den Konsum entkriminalisieren. Und erst am Donnerstagabend sprach sich der Berner Stadtrat für einen Pilotversuch aus, 2016 könnte der erste Club eröffnen.
Toni Amherd dauert das zu lange. «Ich lasse mir meinen Joint nicht nehmen», sagt er trotzig. Mehr als die Hälfte seiner Strafe von 2100 Franken hat er bereits bezahlt. Der Rest macht ihm Sorgen. Er ist Sozialhilfebezüger und jobbt als Zeitungsverträger. 1086 Franken pro Monat hat er nach Abzug der Miete zur Verfügung.
Am 2. April ist die nächste Rate fällig. Zahlt Amherd nicht, muss er die Strafe absitzen. Dann droht ihm der Jobverlust: «Ich kann nicht verstehen, warum man einen harmlosen Kiffer so hart bestraft.»