Guido Cavegn darf seine Ehefrau nicht aus Kuba in die Schweiz holen – für die Behörden führen sie nur eine Scheinehe
«Ich warte seit zehn Jahren auf meine Odalys»

Bauer Guido kämpft seit Jahren um seine Ehefrau Odalys (52). Am 1. Juni 2005 heiratete das Paar vor dem Standesamt in Sedrun GR. Seitdem versteht «Geissen-Guido» die Welt nicht mehr.
Publiziert: 12.04.2015 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:59 Uhr
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Guido Cavegn mit einem Foto seiner Frau.
Foto: Valeriano Di Domenico
Von Walter Hauser und Katia Murmann

In seiner Kindheit hütete Guido Cavegn (77) aus Rueras GR über hundert Ziegen. Als «Geissen-Guido» war er in der Surselva bekannt. Doch Cavegn wollte mehr vom Leben, er suchte die Liebe. Und er fand sie – viele Tausend Kilometer entfernt in Odalys Iglesias (53),einer kubanischen Staatsangehörigen. Per Annonce hatte sie einen «seriösen älteren Mann» gesucht.

Am 1. Juni 2005 heiratete das Paar vor dem Standesamt in Sedrun GR. Seitdem versteht «Geissen-Guido» die Welt nicht mehr.

Nur drei Monate durfte Odalys nach der Hochzeit in der Schweiz bleiben. Sie war mit einem Touristenvisum eingereist – und blieb, als es ablief. Schnell waren die Bündner Behörden alarmiert. Verdacht auf Scheinehe! Sie verhängten eine fünfjährige Einreisesperre. Odalys und Guido blieb nur das Telefon.

«Ich liebe Odalys», sagt Cavegn. «Wir sind ein Ehepaar. Ich verstehe nicht, warum uns die Behörden nicht zusammenleben lassen.»

Stolz zeigt Cavegn ein Bild von Odalys, einer lebensfrohen Frau mit dunklem Teint. Cavegn kann auch die standesamtliche Trauungsurkunde vorweisen. «Ich wollte mit Odalys einen schönen Lebensabend verbringen. Stattdessen ist mein Leben ein Kampf mit den Behörden.»

Seit zehn Jahren bemüht er sich darum, dass seine Frau in die Schweiz kommen darf, stellt mit seinem Anwalt immer wieder Anträge auf Familiennachzug und Einreisegesuche. Doch die Antwort fällt immer negativ aus, zuletzt am 8. Januar, als die Bündner Migra­tionsbehörden schon im Voraus verlauten liessen, dass sie auf das Gesuch nicht eintreten würden. Die Begründung ist stets die gleiche: Scheinehe. Den Ehepartnern fehle der Wille zum Zusammenleben, heisst es im Schreiben.

«Das ist unglaublich und völlig widersprüchlich», sagt der Ehemann. «Wie sollen Odalys und ich unsere Liebe beweisen, wenn meine Frau nicht einmal in die Schweiz einreisen darf?»

Ein Rentner in der Schweiz, eine wesentlich jüngere Frau aus dem Ausland – die Behörden sind in den letzten Jahren strenger geworden. Genau prüfen sie jeden Verdacht auf Scheinehe (siehe Box). Sie wollen verhindern, dass ein Partner durch die Heirat mit einem Schweizer oder einer Schweizerin den Pass erhält.

Und doch ist Cavegns Fall speziell: Eigentlich sollen Zivilstands­behörden Scheinehen vor der Eheschliessung aufdecken. Er aber hat seine Odalys rechtsgültig geheiratet – und darf sie dennoch nicht zu sich holen.

Das letzte Mal sah Cavegn seine Frau zum Jahreswechsel 2013/2014. Die Einreisesperre war abgelaufen, Odalys bekam ein Touristenvisum. Weil seine Wohnung in ­Rueras zu klein ist, mietete er eigens eine Zweizimmerwohnung im nahen Sedrun.

Dort wohnte er mit Odalys und deren Tochter, wie er sagt. Die bündnerischen Migrationsbehörden aber wollen durch Recherchen herausgefunden haben, dass das Paar in der Wohnung nur zum Schein zusammenlebte. «Das stimmt nicht», sagt Guido Cavegn. «Ich hatte mich doch so auf Odalys gefreut!»

Am 12. Februar intervenierte sein Anwalt Markus Zwicky erneut schriftlich beim Migrationsamt des Kantons Graubünden. «Dass das Ehepaar in Sedrun nicht zusammenlebte, stimmt nicht», sagt Zwicky. «Es ist höchste Zeit, dass die beiden nach ihrem langen Kampf um ein Zusammenleben, gleich wie jedes andere Ehepaar, ihre ehelichen Rechte wahrnehmen können.»

Nötigenfalls will Cavegn an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg gelangen und das Recht auf familiären Nachzug auf diese Weise durchsetzen.

Auch Odalys hofft noch immer, dass sie eines Tages mit ihrem Mann in der Schweiz leben kann. «Wir telefonieren mehrmals pro Woche», sagt Guido Cavegn. Die beiden sprechen Italienisch miteinander. «Wir verstehen uns bestens. Und wir geben nicht auf, bis wir die Behörden überzeugt haben.»

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