Der junge Mann ist nervös. Seit Tagen kann er kaum schlafen. «Der erste Kontakt mit dem Mädchen hat vor gut einem Jahr stattgefunden», sagt der Spieler zögernd. Er traut sich kaum, über die Vorkommnisse der letzten Monate zu sprechen. SonntagsBlick traf den Sportler in seiner Thuner Wohnung. «Es wurde damit gedroht, dass wir unseren Job verlieren, wenn wir was erzählen.»
Der Spieler gehört zu jenen, die am Dienstag festgenommen wurden. «Ich musste unzählige Fragen beantworten und ein Protokoll unterzeichnen. Aber ich beharre darauf: Ich hatte nie sexuellen Kontakt mit diesem Mädchen.»
Dann packt er aus. Der Kicker erzählt, was er auch den Ermittlern geschildert hat: «Nadja war in der Kabine ein Thema. Ja, es wurde mit dem, was passiert ist, geprahlt. Alle wussten alles.»
Der Spieler bezeichnet das Mädchen nicht als klassischen Fan. Sie sei immer sehr «aufreizend angezogen» beim Training erschienen. Aufgetakelt wie für den Ausgang, habe sie vom Spielfeldrand zugeschaut. Allein, mit Freundinnen oder ihrer Mutter – auch sie ein grosser Fan des FC Thun. Nadja habe deutlich älter gewirkt. Nicht wie 15. Eher wie eine 18-Jährige. «Und nach dem Training hat sie offensiv den Kontakt zu uns gesucht.» Wenn die Mutter nicht dabei ist, fragt Nadja nach Natelnummern von Sportlern und bekommt sie auch. Sie klingelt an ihren Haustüren. «Sie hat auch mich angerufen, ich bin aber nie auf ihre Angebote eingegangen.»
Nadjas Natelnummer geht von Spieler zu Spieler. Sie schanzen sich das Mädchen gegenseitig zu. Dass Geld geflossen ist, könne er sich nicht vorstellen, sagt der Spieler. Schliesslich haben Nadja ohnehin alle gekannt. Schamlos nutzen die Spieler ihre Begeisterung für den Klub aus. «Es ist zu Intimitäten gekommen, mehrfach. In mindestens einem Fall mit mehreren Spielern gleichzeitig.»
Für dieses Detail gibt es bislang keine unabhängige Bestätigung. Die anderen Angaben decken sich mit den Darstellungen von Beteiligten oder der Polizei.
Doch Gruppensex ist den Spielern nicht genug. «Sie machten Handyaufnahmen», so der Thuner. «Vor allem junge Spieler waren dabei und solche, die jetzt im Ausland sind.»
Nadja hat von den Kickern offenbar eine Gegenleistung erhalten. Mehrere Thun-Fans wissen: «Sie stand bei Heimspielen immer vor dem Stadion und hat Eintrittskarten verkauft – schwarz. Woher sie die hatte, ist ja wohl klar.»
Zum Sex zwischen Nadja und den Spielern kommt es in Privatwohnungen. «Freiwillig», wie das Mädchen später vor der Polizei betont. Zurzeit wird das Mädchen psychologisch betreut und weitgehend abgeschirmt. Heute ist sie 16 Jahre alt, bis vor kurzem fiel sie unter das Schutzalter
Am Dienstag fliegt der Skandal auf. Die Polizei nimmt 21 Männer fest. Darunter acht Spieler des FC Thun. Den Verteidiger Marco H. (22) führen die Beamten aus der RS ab. «Es ist richtig, dass er von der Polizei aus der RS geholt worden ist», bestätigt Heeressprecher Daniel Reist gegenüber BLICK. Im U21-Trainingslager in Muttenz BL wird der Mittelfeldspieler Stefan G. (19) abgeführt.
Bei Hausdurchsuchungen beschlagnahmt die Polizei Handys und Videokameras. «Die Beamten müssen von den Aufnahmen gewusst haben», so der Spieler. Am Abend kommen alle frei, gegen die meisten wurden Strafverfahren eingeleitet.
Seither ist beim FC Thun nichts mehr, wie es vor dem Sex-Skandal war. In Thun spricht man nur hinter vorgehaltener Hand von den Ereignissen. Viele der von SonntagsBlick Interviewten schämen sich. Auf Fragen nach Nadja oder einzelnen Spielern reagieren sie zurückhaltend oder aggressiv. In Fan-Foren wird vor allem über das Mädchen hergezogen: «Woher kennt sie die Spieler, diese kleine geile Maus, bei welchem war sie gestern wohl zuhaus», ist noch einer der harmloseren Einträge.
Entsetzt zeigt sich Ursula Haller (58), SVP-Nationalrätin und Thuns Vizestadtpräsidentin: «Es gilt Schutzalter 16. Jungen Männern muss die Altersgrenze wieder vermehrt ins Bewusstsein gerufen werden.»
Unerträglich ist die Situation für das Kader des FC Thun. «Es ist ein schlimmer Generalverdacht. Jeder gilt als ‹Täter›», so der Spieler. Unbeteiligte Fussballer verschicken SMS und E-Mails an Freunde: Sie hätten nichts mit dem Skandal zu tun. Die Klubleitung überlegt inzwischen, die Unschuldigen zu benennen. Präsident Kurt Weder (63): «Unser Hauptziel ist jetzt jedoch, sportlich nicht zu kapitulieren, auch nicht unter diesen erschwerten Bedingungen.»
* Name von der Redaktion geändert
Die Kantonspolizei Bern nimmt wegen sexueller Handlungen mit einer Minderjährigen Ermittlungen auf. «Den Hinweis erhielten wir nicht vom Mädchen, sondern aus dem Umfeld involvierter Personen», so ein Polizeisprecher.
13. November, 6 Uhr
Die Ermittler nehmen 21 Männer an deren Wohnorten fest und führen sie zum Verhör ab, darunter acht Spieler des FC Thun, einen aus dem Nachwuchskader,
drei Ehemalige sowie neun Männer aus dem Klub-Umfeld. Parallel erfolgen Hausdurchsuchungen.
13. November, abends
Der Verdacht habe sich erhärtet, so die Polizei. Die Festgenommenen werden freigelassen, gegen die meisten wird ein Strafverfahren eingeleitet. Das Opfer wird psychologisch betreut.
14. November
Der FC Thun versucht, seine Spieler zu schützen. «Es gilt die Unschuldsvermutung», betont Klubpräsident Kurt Weder – und verpasst den Kickern einen Maulkorb.
Die Kantonspolizei Bern nimmt wegen sexueller Handlungen mit einer Minderjährigen Ermittlungen auf. «Den Hinweis erhielten wir nicht vom Mädchen, sondern aus dem Umfeld involvierter Personen», so ein Polizeisprecher.
13. November, 6 Uhr
Die Ermittler nehmen 21 Männer an deren Wohnorten fest und führen sie zum Verhör ab, darunter acht Spieler des FC Thun, einen aus dem Nachwuchskader,
drei Ehemalige sowie neun Männer aus dem Klub-Umfeld. Parallel erfolgen Hausdurchsuchungen.
13. November, abends
Der Verdacht habe sich erhärtet, so die Polizei. Die Festgenommenen werden freigelassen, gegen die meisten wird ein Strafverfahren eingeleitet. Das Opfer wird psychologisch betreut.
14. November
Der FC Thun versucht, seine Spieler zu schützen. «Es gilt die Unschuldsvermutung», betont Klubpräsident Kurt Weder – und verpasst den Kickern einen Maulkorb.