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Berns Grosser Rat will Einzelrichter für Zwangseinweisungen

Im Kanton Bern soll künftig eine Richterin oder ein Richter allein über eine ärztliche Zwangseinweisung entscheiden können. Das hat der Grosse Rat am Mittwoch mit 90 zu 58 Stimmen beschlossen.
Publiziert: 11.06.2025 um 10:45 Uhr
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Aktualisiert: 11.06.2025 um 11:18 Uhr
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Foto: DAVID-WOLFGANG EBENER
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Keystone-SDADie Schweizer Nachrichtenagentur

Die entsprechende Gesetzesänderung ist aber noch nicht in trockenen Tüchern. Das Parlament beschloss am Mittwoch eine zweite Lesung.

Wehrt sich jemand gegen die ärztliche Zwangseinweisung in eine psychiatrische Klinik, wird seine Beschwerde heute noch von einem Dreiergremium mit zwei Fachrichtern beraten. Das Bundesgericht verlangt gemäss neuer Rechtsprechung aber lediglich ein unabhängiges Expertengutachten. Auf die beiden Fachrichter kann demnach verzichtet werden.

Die Ratsmehrheit argumentierte, so könne die Effizienz gesteigert werden. Gleichzeitig werde das Kindes- und Erwachsenenschutzgericht entlastet. Es gehe immerhin um mehrere hundert Fälle pro Jahr. Ein einzelrichterliches Urteil, das sich auf das Gutachten eines vor Gericht anwesenden Experten stütze, sei fachlich genügend abgestützt.

«Wir trauen den Einzelrichtern die Aufgabe zu», sagte etwa Thomas Fuchs namens der SVP-Fraktion. Es gebe keine Studie, die besagen würde, dass ein Dreiergremium die Aufgabe besser löse.

Die Minderheit warnte vor einem Abbau des Rechtsschutzes von vulnerablen Personen. Über jede Parkbusse werde vor Obergericht zu dritt diskutiert, sagte der Grüne Thomas Hitpold, ehemaliger Gerichtspräsident in Thun.

Die zwangsweise Klinikeinweisung für die Dauer von bis zu sechs Wochen sei eine existenzielle Frage. Entsprechend sorgfältig müsse sie geprüft werden. «Drei sind gescheiter als einer.»

Support kam unter anderem von Nicola von Greyerz (SP). Es gehe um Menschen in äusserst kritischen Situationen. Diese hätten es verdient, dass man sich ihnen sauber und gut annehme. Es sei vermessen, hier von Effizienzsteigerung zu sprechen.

Grüne, EVP und SP suchten einen Kompromiss: Wenn der Kanton schon zu Einzelrichtern übergehe, sollten den betreffenden Personen wenigstens ein amtlicher Beistand zur Seite gestellt werden. So könne die prozessuale Stellung der psychisch erkrankten Person gestärkt werden.

Regierungsrätin Evi Allemann (SP) entgegnete, dieses Anliegen sei vom geltendem Bundesrecht bereits abgedeckt. Der Grosse Rat lehnte den Antrag von Mitte-Links darauf mit 79 zu 67 Stimmen ab.

Hintergrund der Debatte waren verschiedene Änderungen des kantonalen Einführungsgesetzes zur Zivilprozessordnung, zur Strafprozessordnung und zur Jugendstrafprozessordnung. Mit Ausnahme der Zwangseinweisungen waren die Neuerungen unbestritten.

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