Liebe ist schön: turteln, lachen, verliebte Blicke. Freitagnachmittag, 14.15 Uhr, an der Glatt in Dübendorf ZH, zwischen Kunsteisbahn im Chreis und Oberer Mühle. Es ist kalt. Enten suchen nach Brotkrumen im Wasser, in dem sich die Novembersonne spiegelt.
Martin Bäumle und seine Frau Yuliya macht die Kälte nichts aus. Er umarmt sie liebevoll, und sie geniesst es. Vorletzten Freitag heiratete der Politiker die zierliche Frau aus der Ukraine, die in ihrem Heimatland eine technische Fachhochschule absolviert hatte, im Stadthaus von Dübendorf. SonntagsBlick berichtete erstmals über diesen schönen Moment. Nun treffen sich die beiden mit uns zum gemeinsamen Fotoshooting.
Auch um die Spekulationen zu beenden. Die ganze Schweiz hatte in den letzten Tagen diskutiert, wo der Präsident der Grünliberalen und Dübendorfer Stadtrat seine grosse Liebe kennen gelernt haben könnte. Möglicherweise in einem Striplokal? Hier war die hübsche blonde Frau gesichtet worden.
Jetzt redet das Ehepaar. Offen und ehrlich, denn die beiden haben nichts zu verbergen. Atmosphärenwissenschaftler Martin Bäumle sagt: «Um uns vor weiteren Gerüchten und Spekulationen zu schützen, haben wir uns entschlossen, unsere Geschichte offenzulegen.»
Und: «Ja, es trifft zu, dass meine Frau Yuliya als Tänzerin in Tabledance-Clubs gearbeitet hat.» Daraus macht der Politiker keinen Hehl. Er sagt, dass diese Episode Vergangenheit ist. «Ich habe Yuliya vor bald eineinhalb Jahren im Viper Club kennengelernt», erklärt Bäumle und strahlt. «Wir haben uns dann regelmässig getroffen und uns ineinander verliebt. Ich war auch bei ihr in der Ukraine. Bald einmal haben wir uns entschlossen, dass wir heiraten wollen, damit wir zusammen in der Schweiz leben können, um eine Familie zu werden.»
Die Liebesgeschichte begann am 46. Geburtstag des Politikers. Am 3. Juni 2010 luden ihn Kollegen ein, den Tag mit einem Abstecher im Viper Club zu beenden.
Das Etablissement gehört zu den wenigen Bars in der Zürcher Agglomerationsgemeinde: gelbe Wände, rote Türrahmen und eine Glitzerkugel an der Decke. Laut Eigenwerbung gibt es hier: «Hübsche Girls, coole Getränke und heisse Shows!» Mit den Etablissements im Rotlichtbezirk, die in Dübendorf in der Industriezone angesiedelt sind, hat der Viper Club allerdings nichts zu tun. Der Nachtclub mit Tabledance liegt an bester Lage an der Bahnhofstrasse, nicht viel mehr als 200 Meter vom Stadthaus entfernt. Im Viper tanzen hübsche Girls an der Stange und setzen sich zu den Gästen, wenn die ihnen ein Glas Schampus anbieten. Früher war der Viper Club eine Dorfbeiz und trug den Namen «Linde». Ein solcher Baum gab auch dem Platz den Namen: Lindenplatz.
An seinem Geburtstag verbrachte Bäumle einen vergnügten Abend mit seinen Kollegen. Dem Zürcher Parlamentarier fiel die hübsche Yuliya sofort auf. «Ich hatte Lust, mit ihr zu plaudern», sagt er, «und beschloss, sie zu einem Getränk einzuladen.» Die beiden merkten, dass sie sich viel zu erzählen hatten. Dass der Abend viel zu kurz und die Umgebung die falsche war. Am Ende hinterliess Bäumle, ganz Gentleman, seine Visitenkarte. Aus seiner Position machte er kein Geheimnis. Er gab sich als Zürcher Nationalrat mit E-Mail und Telefonnummer zu erkennen. «Ehrlich gesagt, ich dachte nicht daran, dass sich Yuliya wieder bei mir melden würde», so der 47-jährige Naturwissenschaftler.
Doch die 31-Jährige spürte, dass es eine besondere Begegnung war. Bereits am nächsten Tag meldete sie sich per SMS. So ging es einige Tage hin und her. Obwohl sie noch nicht besonders gut Deutsch konnte, fingen die beiden an, regelmässig miteinander zu telefonieren und die freien Tage zu geniessen. Nach einigen Wochen lud Bäumle Yuliya auf eine Reise nach Bern ein. Nun wurde das Ahnen Gewissheit: Es war Liebe. Und weil man nicht entscheiden kann, wo sie hinfällt und wann sie kommt, beschlossen die beiden zuzugreifen und das Leben gemeinsam zu verbringen.
Dafür nahmen sie auch bürokratische Hindernisse in Kauf. Als Osteuropäerin arbeitet Yuliya mit einem sogenannten Visum als Künstlerin. Die Aufenthaltsbewilligung galt nur für sieben Monate. Und weil die beiden sich nicht durch die Bürokratie trennen lassen wollten, beschlossen sie am 11. November zu heiraten.
Vor fünf Wochen, kurz vor den eidgenössischen Wahlen, reiste Bäumle in die Ukraine, regelte den Abschluss des Papierkrams – und holte seine künftige Ehefrau nach Dübendorf. «Als Politiker war mir wichtig, dass sie den Wahltag in der Schweiz verbringen konnte.»
Am Sonntagabend des 23. Oktober stand Bäumle als grosser Wahlsieger da. An seiner Seite: die hübsche Yuliya. Vielleicht stimmt es ja, dass Liebe die beste Politik macht.