Endlich Frühling und entspannt die Sonne im Garten geniessen. Für Marlis Lauffer (69) aus Burgdorf BE tönt das wie blanker Hohn. In ihrem Chalet kann die Tierärztin nicht den Ruhestand geniessen, stattdessen geht sie durch die Hölle.
Schuld sind die Sonnenkollektoren auf dem Dach des Nachbarhauses. «Sie blenden unerträglich. Ich kann meinen Garten nicht mehr geniessen. Ich bin immer glücklich, wenn es bewölkt ist oder regnet.»
Garten ist Tabu
Die Nachbarin installierte die Sonnenkollektoren vor rund zehn Jahren. Die 15 Quadratmeter grossen Panels werfen im Frühling und Herbst an je 75 Tagen eine Lichtreflexion auf das Nachbargrundstück – und blenden rund 90 Minuten über die Fassade in den Garten von Lauffer.
Mit fatalen Folgen. «Wegen der massiven Blendung kann ich in der angenehmsten Zeit am Tag nicht mehr im Garten sitzen», sagt Lauffer. «Ich bekam wegen der Lichtreflexion sogar den grauen Star.»
Lauffer meldet sich bei der Gemeinde: «Zwei Jahre lang passierte nichts. Dann reichte ich über meinen Anwalt eine baupolizeiliche Beschwerde ein. Wir verlangten, dass die Solaranlage in den heiklen Monaten abgedeckt und dann saniert wird!»
Sie scheitert. Sowohl die Stadt Burgdorf als auch die kantonale Baudirektion weisen ihre Beschwerde ab. Das Gleiche passiert vor Verwaltungsgericht. Auch das Bundesgericht urteilt, das Wohlbefinden sei durch die Blendung nicht erheblich gestört.
Auch in Zukunft keine Richtwerte
Für Lauffer ist klar: «Weil es in der Schweiz keine Richtwerte für Lichtreflexionen gibt, passiert nichts.» Fakt ist: Das Bundesamt für Umwelt (Bafu) aktualisiert gerade seine Empfehlungen zur Vermeidung von Lichtemissionen aus dem Jahr 2005. Auf Anfrage heisst es: «Mangels wissenschaftlicher und empirischer Grundlagen bezüglich deren Belästigungspotenzial sind auch in der neuen Vollzugshilfe bei Lichtemissionen keine Richtwerte vorgesehen.»
Der Dachverband für Solarenergie will im Juni Empfehlungen bezüglich der Blendwirkung von Solaranlagen veröffentlichen. «Alles in allem ist es ein recht komplexes Thema, das sich nur begrenzt objektiv beurteilen lässt», sagt Geschäftsleiter David Stickelberger. Ein Experte aus Deutschland mass im Garten von Lauffer die Lichtreflexe. Fazit: Die Blendwerte liegen massiv über der Zumutbarkeitsgrenze.
Lauffer will weiterkämpfen. «Es ist ein Menschenrecht, in seinem Garten sitzen zu dürfen und dabei nicht geblendet zu werden.» Die Nachbarin hält dagegen. «Sämtliche Behörden haben alles auf Herz und Nieren geprüft», sagt sie BLICK. «Der Fall ist abgeschlossen.»