Ganz England weint wegen ihrem Bub

SPREITENBACH AG – Antunka Petric mag die Szene hundertmal anschauen. Ihr Sohn Mladen hat soeben Fussball-England abgeschossen.
Publiziert: 23.11.2007 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 20:33 Uhr
Von Lukas Füglister

England – Kroatien. Im EM-Knüller stehts am Mittwochabend 2:2. So wären die Briten für die Euro 08 qualifiziert.

66. Spielminute: Endlich wird der Sohn von Antunka Petric eingewechselt. Mladen Petric (26), der Kroate mit Schweizer Pass – und langer Schweizer Vergangenheit. Wenige Minuten später kriegt der Stürmer den Ball in Strafraumnähe. Er überlegt nicht lange, haut drauf. Der Ball landet in der entfernten Torecke.

Ein Hammertor. Der Todesstoss für die EM-Träume der Engländer. Den 90 000 Fans im Wembley bleiben die Fangesänge im Hals stecken.

Dafür ist in der Stube der Familie Petric in Spreitenbach die Hölle los. Vater Petar (51), Mutter Antunka (52) und Bruder Tihomir (22) liegen sich in den Armen. Ihr Mladen hat soeben Fussball-Geschichte geschrieben.

«Als Mladen traf, schossen mir die Tränen in den Augen. Ein unbeschreiblicher Moment», sagt Mutter Antunka. Das Spiel hat sie aufgezeichnet. So macht sie das immer. Damit sie Mladen immer und immer wieder sehen kann.

Noch am Nachmittag vor dem Spiel war Mama Petric schaurig nervös. Noch nervöser als sonst vor Spielen. Denn Mladen war in den letzten Tagen krank . Deshalb war nicht sicher, ob er spielen würde.

«Ich hatte Angst, dass Mladen die einmalige Gelegenheit verpasst, im ausverkauften Wembley spielen zu können. So eine Gelegenheit kommt nicht so schnell wieder», sagt Mutter Antunka.

Umso grösser ist ihre Erleichterung, als Mladen eingewechselt wird. Und riesig die Freude, als er das Tor schiesst. «Die Engländer tun mir zwar ein wenig leid. Aber vor allem bin ich einfach stolz auf meinen Mladen.»

Nach dem Spiel ruft Mladen wie immer seine Mutter an. «Mein Bub sagte nur: Mama, ich ruf dich später wieder an – es war ein Riesenlärm im Hintergrund.» Bis nachts um drei versucht Antunka Petric immer wieder Mladen zu sprechen – ohne Erfolg. «Er war wohl am Feiern», sagt sie und lacht.

Aufgewachsen ist Mladen Petric in einem Wohnblock im Nachbardorf Neuenhof AG. Bis vor drei Jahren haben seine Eltern und sein Bruder Tihomir dort gewohnt. Auch dort ist man mächtig solz auf Mladen Petric: «Super, dass ein ehemaliger Nachbar die Engländer rausgeschossen hat», sagt Manuela Homberger (39).

Das Tschutten gelernt hat Mladen beim lokalen Fussballclub. Als 14-Jähriger spielt er bereits in der ersten Mannschaft des FC Neuenhof. Danach führt sein Weg über den FC Baden zu GC und dann zu Basel. Schliesslich wechselt er im Sommer nach Deutschland zu Borussia Dortmund.

Auch der Vizepräsident des FC Neuenhof hat sich natürlich den Match angeschaut. Juan Doval (30): «Als Mladen den Ball kriegte, dachte ich nur noch: Schiess! Ich weiss ja, dass er es kann.»

Mladen Petric. Die Engländer mussten bitter erfahren, dass es der kroatische Natispieler mit dem Schweizer Pass wirklich kann.

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