Sie nennen sich Therapeuten, Seelsorger und Berater. Und treiben in freikirchlichen Kreisen ihr Unwesen. Ihr Ziel: Homosexualität zu heilen. Denn für sie ist klar: Nur die Heterosexualität sei von Gott gewollt. Alles andere sei abnorm. Und genau deswegen bieten sie Schwulen an, sie umzupolen.
Solche Konversionstherapien sind zum Beispiel in Deutschland oder Österreich verboten. Nicht aber in der Schweiz. Das beweist die jüngste Reportage vom SRF-Format «Rec». In dem Film verpasst sich der Journalist einen falschen Namen. Als Guido wendet er sich an mehrere Einrichtungen und bittet darum, dass ihm mit seiner Homosexualität geholfen wird.
Und so trifft der Reporter drei Menschen, die tatsächlich daran glauben, die Sexualität von Guido ändern zu können. Darunter eine Pflegefachfrau, die zwar kein Psychologie-Studium vorweisen kann, dafür aber eine Ausbildung am Institut für christliche Lebens- und Eheberatung ICL. Sie vermutet ein Problem in der Kindheit, sieht darin die Wurzel für die Homosexualität. Das könne zum Beispiel ein Problem mit dem Vater sein. Um das genau zu ergründen, brauch es aber Zeit. Rund 10 Sitzungen, die pro Termin 100 Franken kosten.
Therapeuten berufen sich auf alte Psychologie-Theorie
Auch die nächste Therapeutin glaubt an ein Problem in der Kindheit. Dabei fällt in der SRF-Reportage auf, dass sich die Heiler auf den Mediziner und Psychologen Alfred Adler (1870–1937) beziehen. Er gilt als Begründer der Individualpsychologie und veröffentlichte unter anderem das Buch «Das Problem der Homosexualität».
Darin erläutert Adler seine Theorie, dass die Homosexualität in der Kindheit ausgelöst werden könne. Zum Beispiel durch das Fehlen einer Vaterfigur, oder negative Erfahrungen mit Gleichaltrigen desselben Geschlechts. Damit das klar ist: Die Theorie ist längst veraltet. Und: Homosexualität ist keine Störung oder gar Krankheit. Aber die religiösen Therapeuten beziehen sich gerne auf Adler und dieses Buch.
«Löse ich mich von dieser Hingezogenheit zu Männern»
Zum Schluss des Films trifft der falsche Guido einen Seelsorger der Heilsarmee. Diese will dem Reporter nicht durch eine Therapie, sondern mit einem Gebet helfen. Der Seelsorger spricht zuerst die «heilenden Worte», danach soll der Homosexuelle das Gebet wiederholen. «In deinem Namen Jesus Christus von Nazareth, löse ich mich von dieser Hingezogenheit zu Männern. Ich löse mich davon. Im Namen Jesus.»
Dass solche Konversionstherapien in der Schweiz stattfinden, findet der Religionswissenschaftler Adriano Montefusco schlimm. Besonders, weil die selbst ernannten Therapeuten keine Ahnung hätten.
Aber in den solchen freikirchlichen Kreisen zähle nicht Wissen, sondern der Glaube. «Alles ist in dieser Szene stark überformt von einem evangelikalen Welt- und Menschenbild. Deshalb erstaunt es nicht, dass es solche Konstrukte gibt. In der Logik dieser Personen machen sie Sinn. Aus wissenschaftlicher Sicht nicht», sagt Montefusco zum SRF.
Heilsarmee will niemanden etwas aufzwingen
Die Berater, die der Reporter aufsuchte, um sich von seiner Homosexualität befreien zu lassen, distanzieren sich auf Anfrage von Konversionstherapien. Auch die Heilsarmee stellt klar, dass sie nichts mit Umpolung zu tun habe und solche Konversionstherapien strikt ablehnten. Und jeder Mensch dürfe natürlich selber darüber entscheiden, wie er leben möchte.
«Hätte sich der Reporter als Homosexueller geoutet und den Wunsch geäussert, diese ausleben zu wollen, wäre unser Seelsorgeteam anders vorgegangen als im Film dargestellt», teilt die Heilsarmee mit.
Der Kanton Neuenburg will Therapien zur Änderung der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität von Personen verunmöglichen. Der Grosse Rat hat am Mittwoch eine entsprechende Motion der Fraktionen der Grünen/Partei der Arbeit und der SP mit grosser Mehrheit angenommen.
Die Kantonsregierung schlug jedoch einen Änderungsantrag vor, damit sie nicht verpflichtet wird, in dieser Frage ein dringliches Gesetz zu erlassen. Die Fraktionen der Grünen/Partei der Arbeit und der SP lehnten diesen Änderungsantrag ab, weil dieser die Tragweite der Motion einschränke. Die Abgeordneten hiessen den Änderungsantrag des Staatsrats schliesslich mit 44 Ja-, 41 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen gut.
Der Staatsrat erinnerte daran, dass laut Bundesrat bereits die aktuelle Gesetzgebung die Bevölkerung vor solchen Praktiken schützen könne. Die Landesregierung hatte sich 2019 gegen eine gesetzliche Verankerung des Verbots von sogenannten Konversionstherapien ausgesprochen, obwohl sie diese Praktiken anprangerte.
«Kein Kanton hat bisher formell ein Gesetz erlassen», sagte Staatsrätin Florence Nater (SP). «Wir wollen den fachlichen Ansatz bevorzugen und auf Juristen, Ärzte, Sozialdienste und religiöse Kreise zugehen, um Abklärungen zu treffen, Prävention zu betreiben und den Schutzbedarf zu ermitteln.» Dies schliesse eine gesetzliche Verankerung in Zukunft nicht aus.
In mehreren Kantonen, wie zum Beispiel in Genf, Waadt und Basel-Stadt wurden bereits parlamentarische Motionen eingereicht oder an die Regierung überwiesen, um solche «Umpolungstherapien» zu untersagen. In St. Gallen wird sich der Kantonsrat voraussichtlich in diesem Jahr mit dem Thema befassen.
Der Kanton Neuenburg will Therapien zur Änderung der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität von Personen verunmöglichen. Der Grosse Rat hat am Mittwoch eine entsprechende Motion der Fraktionen der Grünen/Partei der Arbeit und der SP mit grosser Mehrheit angenommen.
Die Kantonsregierung schlug jedoch einen Änderungsantrag vor, damit sie nicht verpflichtet wird, in dieser Frage ein dringliches Gesetz zu erlassen. Die Fraktionen der Grünen/Partei der Arbeit und der SP lehnten diesen Änderungsantrag ab, weil dieser die Tragweite der Motion einschränke. Die Abgeordneten hiessen den Änderungsantrag des Staatsrats schliesslich mit 44 Ja-, 41 Nein-Stimmen und 9 Enthaltungen gut.
Der Staatsrat erinnerte daran, dass laut Bundesrat bereits die aktuelle Gesetzgebung die Bevölkerung vor solchen Praktiken schützen könne. Die Landesregierung hatte sich 2019 gegen eine gesetzliche Verankerung des Verbots von sogenannten Konversionstherapien ausgesprochen, obwohl sie diese Praktiken anprangerte.
«Kein Kanton hat bisher formell ein Gesetz erlassen», sagte Staatsrätin Florence Nater (SP). «Wir wollen den fachlichen Ansatz bevorzugen und auf Juristen, Ärzte, Sozialdienste und religiöse Kreise zugehen, um Abklärungen zu treffen, Prävention zu betreiben und den Schutzbedarf zu ermitteln.» Dies schliesse eine gesetzliche Verankerung in Zukunft nicht aus.
In mehreren Kantonen, wie zum Beispiel in Genf, Waadt und Basel-Stadt wurden bereits parlamentarische Motionen eingereicht oder an die Regierung überwiesen, um solche «Umpolungstherapien» zu untersagen. In St. Gallen wird sich der Kantonsrat voraussichtlich in diesem Jahr mit dem Thema befassen.
Momentan sind zwar solche Konversionstherapien in der Schweiz noch erlaubt. Aber nur, weil das Parlament letztes Jahr nicht mehr dazu kam, über ein Verbot abzustimmen. Entsprechende Vorstösse wurden bereits wieder eingereicht. Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis solchen homophoben Sitzungen ein Riegel vorgeschoben wird. (jmh)