Franz Marti (91) fühlt sich getäuscht
«Asylbewerber gehören nicht in eine Villa!»

Die Gemeinde Oensingen SO kaufte für 1,2 Millionen das Anwesen von Franz Marti (91). Dass darin nun Asylbewerber wohnen sollen, dafür hat dieser kein Verständnis.
Publiziert: 22.07.2014 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 20:37 Uhr
Franz Marti und seine verstorbene Frau Marie wohnten 50 Jahre lang in der Villa.
Foto: Ralph Donghi
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Von Ralph Donghi

Auf dem Anwesen wollte die Gemeinde Oensingen SO einen Werkhof bauen. Das sagte sie zumindest, als sie im letzten Herbst Franz Marti (91) 1,21 Millionen Franken zahlten.

Marti hatte 50 Jahre lang mit seiner Frau Marie († 91) in der grossen Villa mit Swimmingpool gelebt.

Die Entscheidung, in ein Altersheim zu gehen, fiel ihm nicht leicht: «Wir haben zugestimmt, weil es meiner Frau gesundheitlich nicht mehr so gut ging und ich auch nicht mehr der Jüngste bin. Und weil wir davon ausgingen, dass auf unserem Grundstück ein Werkhof entsteht und das Haus für Büroräume genutzt wird.»

Im letzten September zog das Ehepaar Marti aus. Doch der Bau des Werkhofs wurde bis heute nicht in Angriff genommen.

Stattdessen besuchten vor einem Monat zwei Gemeindevertreter Franz Marti in seiner Alterswohnung. Seine Frau Marie war inzwischen verstorben.

«Man sagte mir, in mein Haus würden Asylbewerber einziehen», erzählt Marti. Dabei habe man ihm beim Verkauf versichert, dass das nicht passieren werde. Er fühlt sich getäuscht.

«So ein Luxus muss nicht sein»

«Ich habe nichts gegen Asylsuchende. Und ich finde es auch nicht gut, wenn man sie in Zivilschutzbunker steckt», sagt Marti. «Aber in eine Villa gehören sie nicht. So ein Luxus muss nicht sein.»

Marti erbte das Grundstück Anfang der 60er-Jahre von seinem Stiefvater. 1963 liess er die  Villa mit sechseinhalb Zimmern und Pool bauen. «Ich steckte mein ganzes, hart erarbeitetes Geld da rein», sagt der pensionierte Landwirt und Aussendienstmitarbeiter. Für seine Frau, seine zwei Töchter und ihn sei ein Traum in Erfüllung gegangen.

Franz Marti kümmerte sich liebevoll um seinen Garten, zügelte ein altes Stöckli und drei Steinbrunnen auf das Grundstück. «Jahrzehntelang pflegte ich die Blumen. Diese Leute, die da reinkommen, haben doch gar keinen Bezug dazu und wissen nicht, was mir der Garten bedeutet», erklärt Marti. «Ich hätte mir von der Gemeinde mehr Fingerspitzengefühl erhofft.»

Gemeindepräsident Markus Flury (68, FDP) wehrt sich: «Wir haben diesen Notfall mit den Asylsuchenden nicht geplant. Im Frühling machte der Kanton wegen des grossen Flüchtlingsstroms immer mehr Druck auf unsere Gemeinde.»

«Keine anderen freien Wohnplätze»

Oensingen liege mit 22 Asylsuchenden unter dem Aufnahmesoll von 41 und müsste für jede nicht aufgenommene Person 1050 Franken bezahlen. Das wäre eine jährliche Zusatzbelastung von 239 400 Franken. «Uns bleibt nichts anderes übrig, als Asylsuchende in dem Haus zu platzieren», sagt Flury. «Wir haben keine anderen freien Wohnplätze.»

Geplant ist, dass der Einzug diesen Monat über die Bühne geht. Gemeindepräsident Flury: «Es kommen syrische Flüchtlingsfamilien mit Kindern.» Etwa 15 Personen.

Zurzeit werden kleine Anpassungsarbeiten ausgeführt – für knapp 20 000 Franken. Flury hält fest: «Sie werden nicht leben wie in einer Villa. Und es ist eine Übergangslösung für vorerst zwei Jahre.»

Ob dann der Werkhof kommt, ist offen. Franz Marti findet: «Die ganze Sache ist einfach nur zum Weinen.»

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