Fliegerszene geschockt
Schon wieder flog ein Meister in den Tod

Bei heftigen Gewittersturmwinden stürzte Peter Wey (67) am Dienstag bei Kägiswil OW mit zwei Passagieren ab. Landesweit galt er als unfehlbarer Lehrmeister.
Publiziert: 28.07.2013 um 15:53 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2018 um 11:29 Uhr
Peter Wey im Jahr 2010 mit der Unglücksmaschine.
Foto: EQ Images
Von Niklaus Wächter

Dunkelgrau und mächtig stand das Napfgewitter vom Dienstag schon nach 16 Uhr westlich von Luzern. Als Cheffluglehrer Peter Wey (67 ) gegen 17 Uhr auf Piste 03 des Kägiswiler Flugplatzes Richtung Norden startet, ist es noch nahezu Windstille.

Ein halbstündiger Schnupperflug steht auf dem Plan. Neben Wey nimmt ein 21-jähriger Obwaldner am Doppelsteuer Platz, der Interesse an einer Ausbildung zum Motorflugpiloten hat, auf einem der zwei hinteren Sitze ein 60-jähriger Verwandter des Kandidaten.

Die beiden hätten sich keinen renommierteren Piloten aussuchen können. Peter Wey arbeitete bei der Schweizer Luftwaffe als Instruktor für Super-Puma-Piloten. Sein Arbeitsplatz war die Heli-Basis Alpnach. Daneben amtierte er als Fluglehrer für Motorflugpiloten auf dem nahen Flugplatz Kägiswil und als Prüfungsexperte beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl).

Mahner und Warner

Weys Bescheidenheit, seine freundliche, korrekte Art und ruhige Ausstrahlung machten ihn zum Sympathieträger für Piloten und Fluggäste. Militärische Gewissenhaftigkeit und Streben nach Risikominderung waren seine Leitplanken. Er galt als Mahner und Warner: «Lieber auf einen Flug verzichten, als zu spät bereuen», schärfte er seinen Schülern und Fliegerkameraden ein.

Im Lauf der Jahrzehnte machte er Hunderte vom Fussgänger zum Piloten. Und zeigte wohl Tausenden von Rundflugpassagieren die Schweizer Bergwelt von oben. Er gab Theorieunterricht (auch dem Autor dieses Beitrags), schrieb Lehrbücher, engagierte sich in Vereinen, Institutionen und auch politisch für die Fliegerei, war in aviatischen Kommissionen als besonnener Experte gefragt, langjähriger Präsident des Schweizer Motorflugverbands und galt in der Schweizer Fliegerei als eine Art Fliegervater, die graue Eminenz schlechthin.

Die Route seines letzten Flugs ist nicht bekannt. Aber wohin sie auch geführt haben mag: Das gegen Luzern ziehende Gewitter war nicht zu übersehen. Etwa um 17.15 Uhr erreichen die Gewitterböen die Stadt. Bäume biegen sich, Zweige brechen, Staubwolken trüben die Luft, Festzelte werden geräumt. Um 17.30 Uhr registriert die Luzerner Messstation Böenspitzen von 100 Stundenkilometern aus Nordwest – ein seltener Wert.

Eine Verzweiflungstat

Als Starkregen den Strassenverkehr ausbremst, versucht Cheffluglehrer Wey im 16 Kilometer nahen Kägiswil verzweifelt zu landen. Der Wind bläst so stark und böig von Süden, dass er den Anflug von Norden versucht, obwohl die Piste wegen Baukränen amtlich gesperrt ist – eine Verzweiflungstat! Die Sturmwinde sind so stark, dass dem erfahrensten aller Fluglehrer eine Notlandung mit dem vertrauten Schulflugzeug misslingt. Er bricht den Anflug ab und startet durch.

Vor Sarnen dreht er nach rechts ab. Will der Pilot einen Absturz auf den Obwaldner Hauptort vermeiden? Selbst in grösster Not die vorgegebene Abflugroute einhalten? Das Abdrehen aus dem böigen Sturmwind in den Rückenwind auf geringer Höhe ist das Todesurteil für die drei Männer. Kein Pilot der Welt schafft einen solchen Richtungswechsel bei Starkwind ohne Höhenverlust – noch dazu mit einer so kleinen Maschine! Sie zerschellt in Flugplatznähe auf freiem Gelände. Zwei Männer sind auf der Stelle tot. Der dritte stirbt Stunden später im Spital.

Fliegerwelt ist fassungslos

Die Fliegerwelt ist fassungslos: Der Umsichtigste aller Vorsichtigen? In Gewitterböen abgestürzt? Mit zwei Passagieren? Auch Tage nach dem Drama kann niemand begreifen, wie es dazu kommen konnte. Der nächste Ausweich-Flugplatz, mit einer zwei Kilometer langen Piste, wäre nur fünf Flugminuten entfernt gewesen. Andere Pisten weitab des Gewitters lagen nur 15 Minuten entfernt.

«Das ist ein sehr tragisches Ereignis. Wir entbieten den Angehörigen der Opfer unser tiefstes Beileid», sagt Flugplatzsprecher Ruedi Waser zerknirscht. Auf der Website des Flughafens verschwand die zerschellte Piper Cadet umgehend aus dem Flotten-Angebot. Kein Wort zum Unfall.

Der Aero Club der Schweiz dagegen trauert auf der Website um einen seiner engagiertesten und kompetentesten Akteure. Wey war auch Mitglied des Zentralvorstands und Ehrenpräsident des Motorflug-Verbands der Schweiz.

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