Ein Fahrlehrer, der völlig neben der Spur fuhr. Jahrelang bezog Urs M.* (70) illegal IV- und Krankentaggelder. Zuletzt wollte der Zuger mit dem Geld in Thailand sein Leben geniessen. Am 15. April 2018 checkte er im Chon-Buri-Resort in Sattahip unweit der Sex-Hochburg Pattaya ein. Vier Monate später nahm der Spass dann ein jähes Ende – die Handschellen klickten (BLICK berichtete).
M. kam 105 Tage in den Thai-Knast, bis ihn die örtlichen Behörden an die Schweiz auslieferten, wo er nochmals 99 Tage in U-Haft sass. Seit März 2019 ist er wieder auf freiem Fuss. Am Dienstag musste sich M. in Zug vor dem Kriminalgericht verantworten – wegen gewerbsmässigen Betrugs und Verleumdung. Für die Staatsanwaltschaft steht fest: Der Fahrlehrer fingierte zwei Autounfälle und bezog mit Falschangaben unrechtmässig rund 750'000 Franken Taggelder und Invaliditätsleistungen.
«Im Vergleich zum Thai-Knast war die U-Haft ein Hotel»
Bei seiner Verhaftung in Thailand stritt M. noch alles ab. Vor Gericht ist er einsichtig und sagt bei seiner Befragung: «Ich lebte auf der Überholspur. Das war ein Fehler. Ich bereue alles.» Er ist geständig, habe aber schon für seine Fehler bezahlt. Im Knast in Thailand habe man ihn gefoltert. Ihm wurden die Schneidezähne ausgeschlagen und die Achillessehne durchtrennt. Der Angeklagte dazu: «Im Vergleich zum Horror-Knast war die U-Haft in der Schweiz wie ein Hotelaufenthalt.»
Im abgekürzten Verfahren wird M. zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 23 Monaten verurteilt. Effektiv soll er 6,5 Monate absitzen. Doch weil ihm die Haft in Thailand und in der Schweiz angerechnet wird, bleibt er frei. Die Verfahrenskosten muss er selbst tragen. Das erschlichene Versicherungsgeld wird auf den Zivilweg eingefordert.
Laut Anklage ging der Fahrlehrer ziemlich strukturiert vor: Im Dezember 2007 fuhr er drei Mal absichtlich in einen Betonpfosten. In seiner Schadensmeldung log er. Ein Fahrschüler sei am Steuer gewesen und reflexartig einem unbekannten Radfahrer ausgewichen. Der Schüler war involviert und erzählte die Lüge auch dem Notarzt.
Er erfand 2011 zweiten Unfall
So blieb der Schwindel jahrelang unentdeckt. M. konsultierte mehrere Ärzte und trieb sein falsches Spiel basierend auf der erfundenen Krankengeschichte. Der Versicherung erzählte er sogar, er könne keine Fahrschüler mehr ausbilden. In Wirklichkeit arbeitete er aber weiter. Im November 2011 erfand er einen zweiten Unfall. Nun gab er seinem Hausarzt an, er sei auf nassem Laub ausgerutscht und mit dem Kopf voran gestürzt.
Er liess sich krank- und teilinvalid schreiben – verschwand dann jeweils für Monate nach Thailand zu seiner Freundin. Als ihn eine Versicherung nicht erreichen konnte, gab er an, er sei in Grenoble (F) zur Kur. Tatsächlich war er in Thailand.
Penis-Bilder an Fahrschülerinnen verschickt
Den Zuger Strafverfolgungsbehörden ist M. bestens bekannt. 2014 verschickte er per Handy Penis-Bilder an Ex-Fahrschülerinnen. Diese zeigten ihn deshalb an. Im Gegenzug schwärzte er eine der Frauen – wohl aus Rache – bei deren Arbeitgeber an. Deshalb wurde M. heute im abgekürzten Verfahren auch noch wegen Verleumdung verurteilt.
*Name geändert