«Das ist ein aussergewöhnlicher Vorfall»
10:19
Verfahren in Schwyz eröffnet:10 Tote wegen Listerien im Käse!

Experte zu Verfahren gegen Schwyzer Käserei
«Listerien sind tückisch, weil sie kälteresistent sind»

Mehrere Menschen sterben, weil ein Produkt aus der Schwyzer Käserei Vogel mit Listerien befallen war. Das sorgt selbst beim Experten für Aufsehen. Denn eigentlich gelten dort klare Hygienevorschriften.
Publiziert: 27.08.2020 um 14:45 Uhr
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Ein aussergewöhnlicher Fall von Listerien-Befall schockt die Käse-Produzenten. (Archiv)
Foto: Keystone

Listerien-Schock im Kanton Schwyz! Weil befallene Lebensmittel der Käserei Vogel in den Verkauf gelangt waren, kam es im August 2018 zu 34 Erkrankungen. Jetzt wird bekannt: Zehn Ansteckungen endeten tödlich.

Die betroffene Käserei in Steinerberg SZ ist mittlerweile geschlossen, und gegen den Betriebsleiter läuft ein Strafverfahren – unter anderem wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung.

Käserei mit grossem Verbreitungsgebiet

Selbst für den Experten sind die Vorwürfe gegen die Käserei Vogel beispiellos: «Das ist ein aussergewöhnlicher Vorfall», sagt Stefan Truttmann von Fromarte, dem Dachverband der Schweizer Käsespezialisten, gegenüber BLICK.

Grundsätzlich sei die Gefahr von Listerien in jedem Käsereibetrieb bekannt. «Besonders problematisch war wohl in diesem Fall, dass die betroffene Käserei ein relativ grosses Verbreitungsgebiet hatte. Nur so lässt sich eine derart grosse Anzahl von erkrankten Konsumenten erklären.»

«Der Mensch ist ein Risikofaktor»

Eigentlich gibt es strenge Richtlinien und Hygienevorschriften, die einen Listeriebefall von Produkten verhindern sollen. Denn der Erreger ist besonders tückisch. «Listerien sind kälteresistent. Sie vermehren sich zum Beispiel auch im Kühlschrank, was sonst bei gefährlichen Keimen nicht der Fall ist», erklärt Truttmann.

Eigentlich würden die strengen Kontrollsysteme aber gut vor Befall schützen. «Das hier ist ein Ausnahmefall und das soll auch so bleiben», sagt der Experte. «Der Mensch ist bei der Einhaltung von Hygieneregeln aber stets ein Risikofaktor.»

Passieren kann es bei den kleinsten Arbeitsschritten: «Es genügt, wenn eine Tischoberfläche nicht genügend gereinigt wurde», sagt Truttmann weiter. «Ein Mitarbeiter stützt sich darauf ab, fasst dann das Gitter an, wo später der Käse gelagert und gereift wird und schon ist der Erreger auf dem Produkt.»

Brie ist besonders anfällig

Die 34 Listeriose-Fälle konnten alle auf einen Brie-Käse zurückgeführt werden. Stefan Truttmann überrascht das nicht. «Weichkäse ist aufgrund seiner Produktionsweise eher anfällig. Darum werden auch häufiger Analysen durchgeführt. Listerien können auf Oberflächen wie der Käserinde wachsen. Anders als bei Hartkäse wird die Rinde bei Weichkäse meist mitgegessen.»

Eine Listerieninfektion führt bei einem gesunden Menschen in der Regel zu grippeähnlichem Unwohlsein. Gefährlich ist ein Befall vor allem bei immungeschwächten oder gebrechlichen Personen und Schwangeren. Dort kann es im schlimmsten Fall gar zu Fehlgeburten kommen. (cat)

Listerien-Befall von 1987

Nicht zum ersten Mal sorgt in der Schweiz ein Listerien-Befall bei Käse für Schlagzeilen.

1987 erkrankten insgesamt 122 Menschen, nachdem sie befallenen Käse der Sorte Vacherin Mont d'Or gegessen hatten. 33 Menschen starben – mindestens die Hälfte davon waren Föten und Neugeborene.

Als Konsequenz verhängten die Behörden damals ein Verbot von zahlreichen Käsesorten. Betroffen davon war vor allem die Westschweiz, wo es in der Folge zu einem regelrechten Käsereien-Sterben kam. Die Weichkäsesorte Vacherin brauchte Jahre, um sich von dem Image-Schaden zu erholen.

2005 starben zwei Menschen an einer Listerien-Vergiftung im Kanton Neuenburg, zwei Frauen erlitten Fehlgeburten. Dort stellte sich später heraus, dass alle Betroffenen vom Tomme-Weichkäse desselben Produzenten gegessen hatten.

Nicht zum ersten Mal sorgt in der Schweiz ein Listerien-Befall bei Käse für Schlagzeilen.

1987 erkrankten insgesamt 122 Menschen, nachdem sie befallenen Käse der Sorte Vacherin Mont d'Or gegessen hatten. 33 Menschen starben – mindestens die Hälfte davon waren Föten und Neugeborene.

Als Konsequenz verhängten die Behörden damals ein Verbot von zahlreichen Käsesorten. Betroffen davon war vor allem die Westschweiz, wo es in der Folge zu einem regelrechten Käsereien-Sterben kam. Die Weichkäsesorte Vacherin brauchte Jahre, um sich von dem Image-Schaden zu erholen.

2005 starben zwei Menschen an einer Listerien-Vergiftung im Kanton Neuenburg, zwei Frauen erlitten Fehlgeburten. Dort stellte sich später heraus, dass alle Betroffenen vom Tomme-Weichkäse desselben Produzenten gegessen hatten.


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