Ein neues Aufputschmittel kursiert an den Unis: synthetisches Koffein. Es sieht aus wie Kokain, kostet fast nichts und ist erst noch legal. Geschnupft hält das weisse Pulver nächtelang wach und steigert vorübergehend die Konzentrationsfähigkeit. Ein Gramm entspricht der Wirkung von etwa 25 Tassen Espresso oder 13 Red Bull.
SonntagsBlick sprach mit einem 18-Jährigen aus dem Kanton Zürich, der das Aufputschmittel an Studenten verkauft. «Ein Gramm verticke ich für acht bis zehn Franken.» Das Geschäft laufe gut. «Früher wollten alle Ritalin (ein Medikament gegen das Zappelphilipp-Syndrom ADHS; Anm. d. Red.), inzwischen steht auch Koffein hoch im Kurs.»
Die meisten Studenten schnupfen das Pulver. «Der Kick setzt auf diese Weise viel schneller ein», sagt der junge Dealer. Nicht nur auf der Strasse, sogar in Apotheken gibts den Wachmacher günstig zu kaufen – ohne Verschreibung durch den Arzt. «Reines Koffein ist nicht rezeptpflichtig», bestätigt der Zürcher Kantonsapotheker Stephan Dörig (35). «Bei Verdacht auf Missbrauch wird das Pulver aber nicht verkauft.»
Fachleute warnen vor einer Verharmlosung des Aufputschmittels. «Koffeinmissbrauch kann gefährliche Nebenwirkungen wie Krämpfe und Herz-Kreislauf-Kollaps hervorrufen», sagt Michael Aarand (49), Professor am Institut für Toxikologie und Pharmakologie der Universität Zürich. «Bei hoher Dosierung können Panikattacken und Bewusstseinsstörungen auftreten.»
Wer das Pulver durch die Nase zieht, riskiert schnell eine Überdosis: Laut Aarand können Vergiftungserscheinungen bereits bei einem halben Gramm auftreten. «Ab einer Menge von zehn Gramm wird es lebensgefährlich.» Genau diese Menge hat SonntagsBlick nach Beantwortung einiger skeptischer Fragen des Fachpersonals in einer Zürcher Apotheke erhalten – für Fr. 3.60.