BLICK: Wie krank muss ein Häftling sein, um mit Exit sterben zu dürfen?
Barbara Rohner: Der Gefangene muss unerträglich an einer Krankheit leiden. Diese kann körperlicher, aber auch psychischer Natur sein. Auf Sterbehilfe darf er aber nur dann zurückgreifen, wenn jegliche Alternativen verworfen wurden. Dazu gehören beispielsweise palliativmedizinische Massnahmen.
Peter Vogt leidet an der lebenslangen Gefangenschaft, an fehlender Nähe. Ist das Grund genug?
Ich kenne den Fall nicht. Allgemein lässt sich aber sagen: Wünscht sich ein Insasse lediglich die Veränderung seiner Haftbedingungen, rechtfertigt das seinen Sterbewunsch nicht. Seine Erkrankung müsste auch in Freiheit bestehen, unabhängig von der Vollzugssituation. Wenn nicht, müssten die Behörden nach Alternativen suchen, um die Lebensqualität zu verbessern.
Mit seinem Sterbewunsch könnte er die Behörden also erpressen.
Nein. Sicherheitsinteressen stehen stets an erster Stelle. Ein Gefangener kann nicht freikommen, weil er die Haft nicht mehr aushält und lieber sterben möchte.
Wie würde der Suizid ablaufen?
Zunächst muss der Gefangene bei der zuständigen kantonalen Vollzugsbehörde ein Gesuch einreichen. Diese sucht dann das Gespräch mit der sterbewilligen Person und bespricht mit ihr die Gründe für den Suizidwunsch. Scheinen die Voraussetzungen erfüllt, gibt die Behörde ein Gutachten in Auftrag. Bei physischen Krankheiten muss ein unabhängiger Arzt das Leid bestätigen. Bei psychischen sind zwei Expertisen nötig. Bestätigen die Dokumente, dass die Voraussetzungen gegeben sind, erhält der Häftling das Einverständnis, eine Sterbehilfeorganisation zu kontaktieren. Diese entscheidet dann nach ihren eigenen Richtlinien, ob sie den assistierten Suizid durchführt.
Am 13. August 2020 möchte Peter Vogt sterben. Ist dieses Datum realistisch?
Das kommt ganz auf die kantonalen Behörden an. Noch wissen wir nicht, ob sie die Empfehlungen umsetzen möchten und ob Änderungen nötig sind. Das entscheiden sie bis Ende Jahr. Danach wird über das weitere Vorgehen entschieden.
* Die Juristin Barbara Rohner leitet die Expertinnen- und Expertengruppe, welche das Grundlagenpapier für die Konferenz der Justiz- und Polizeidirektoren verfasst hat.
Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Justizvollzug (SKJV) hat erste Empfehlungen publiziert, wie die Behörden mit sterbewilligen Gefangenen umgehen sollen.
In seinem Grundlagenpapier vom September 2019 spricht sich das SKJV klar für Sterbehilfe hinter Gittern aus. BLICK fasst die wichtigsten Punkte zusammen.
- Wie in Freiheit hat auch jeder Häftling das Recht auf Selbstbestimmung. Dazu gehört, über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu entscheiden. Das gilt unabhängig von Delikt und Strafmass.
- Der Insasse muss von Ärzten als urteilsfähig anerkannt werden, um Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu dürfen.
Die Strafvollzugsbehörden müssen einem Häftling ihr Einverständnis geben, bevor er eine Sterbehilfeorganisation kontaktieren darf. Dazu sind Abklärungen über den Grund des Sterbewunsches nötig. - Geben die Behörden ihr Einverständnis nicht, kann der Gefangene den Entscheid vor Gericht ziehen.
Nur ein unabhängiger Arzt darf das tödliche Medikament verschreiben. Kein Gefängnisarzt. Diese Person muss der Häftling selbst organisieren. - Über den Ort des Suizids darf der Insasse selbst entscheiden. Es kann auch ein Raum ausserhalb des Gefängnisses sein. Beispielsweise bei der Sterbehilfeorganisation oder im Hospiz. Allenfalls wäre sogar ein Ort in der vertrauten Umgebung des Häftlings möglich. Jedoch nur, wenn die Sicherheitsinteressen das zulassen.
- Für die Kosten der Sterbehilfe muss der Gefangene selbst aufkommen. Er kann dazu auf seine gesperrten Konten zurückgreifen. Reicht sein Geld nicht, müsste er sich selbst um finanzielle Unterstützung kümmern.
Bis Ende Jahr haben die Kantone Zeit, sich zu den Empfehlungen im Grundlagenpapier zu äussern. Danach entscheidet das SKJV über das weitere Vorgehen.
Das Schweizerische Kompetenzzentrum für Justizvollzug (SKJV) hat erste Empfehlungen publiziert, wie die Behörden mit sterbewilligen Gefangenen umgehen sollen.
In seinem Grundlagenpapier vom September 2019 spricht sich das SKJV klar für Sterbehilfe hinter Gittern aus. BLICK fasst die wichtigsten Punkte zusammen.
- Wie in Freiheit hat auch jeder Häftling das Recht auf Selbstbestimmung. Dazu gehört, über Art und Zeitpunkt des eigenen Todes zu entscheiden. Das gilt unabhängig von Delikt und Strafmass.
- Der Insasse muss von Ärzten als urteilsfähig anerkannt werden, um Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu dürfen.
Die Strafvollzugsbehörden müssen einem Häftling ihr Einverständnis geben, bevor er eine Sterbehilfeorganisation kontaktieren darf. Dazu sind Abklärungen über den Grund des Sterbewunsches nötig. - Geben die Behörden ihr Einverständnis nicht, kann der Gefangene den Entscheid vor Gericht ziehen.
Nur ein unabhängiger Arzt darf das tödliche Medikament verschreiben. Kein Gefängnisarzt. Diese Person muss der Häftling selbst organisieren. - Über den Ort des Suizids darf der Insasse selbst entscheiden. Es kann auch ein Raum ausserhalb des Gefängnisses sein. Beispielsweise bei der Sterbehilfeorganisation oder im Hospiz. Allenfalls wäre sogar ein Ort in der vertrauten Umgebung des Häftlings möglich. Jedoch nur, wenn die Sicherheitsinteressen das zulassen.
- Für die Kosten der Sterbehilfe muss der Gefangene selbst aufkommen. Er kann dazu auf seine gesperrten Konten zurückgreifen. Reicht sein Geld nicht, müsste er sich selbst um finanzielle Unterstützung kümmern.
Bis Ende Jahr haben die Kantone Zeit, sich zu den Empfehlungen im Grundlagenpapier zu äussern. Danach entscheidet das SKJV über das weitere Vorgehen.
• Die Dargebotene Hand, Telefon 143 und Onlineberatung, Schweigepflicht; anonym und kostenlos, www.143.ch
• Klartext (Anlaufstelle für Fragen rund um den Suizid): erstes Beratungsgespräch kostenlos; 079 450 91 68
• Hausarzt oder Psychiater
• Die Dargebotene Hand, Telefon 143 und Onlineberatung, Schweigepflicht; anonym und kostenlos, www.143.ch
• Klartext (Anlaufstelle für Fragen rund um den Suizid): erstes Beratungsgespräch kostenlos; 079 450 91 68
• Hausarzt oder Psychiater