Vor kurzem gaben die Ärzte Kinza noch zwei Monate. Ihre Diagnose: Lebertumor im Endstadium. Ohne nachzudenken spendete Nina Germann (27) ihrer kleinen Schwester zwei Drittel ihrer eigenen Leber. «Für mich war das selbstverständlich. Ich habe mich sofort gemeldet, als unsere Familie mit den Ärzten im Spital die Möglichkeiten besprach», sagt die Primarlehrerin.
Kinza ist Krankenschwester, merkt aber lange nicht, dass sie ernsthaft krank ist. «Es fing 2010 an. Ich hatte immer wieder Bauchweh, dachte aber, das komme vom fettigen Essen.» Nur: Im Fitness fehlte es ihr an Kondition und ihr Bauch schwoll an wie bei einer Schwangeren. In den Flitterwochen 2012 in Thailand verlangt ihr Mann: «So geht es nicht mehr, lass dich untersuchen.» Ein Herzspezialist macht einen Herzultraschall. «Die Leber zu untersuchen war eigentlich gar nicht geplant», erzählt Kinza Sigrist. Der Arzt fuhr per Zufall mit dem Gerät darüber – und ist schockiert. Im Spital Münsterlingen TG stellen die Ärzte fest, dass Kinza seit ihrem zehnten Lebensjahr mit Fuchsbandwurm infiziert ist. Das verursachte den Tumor. Sie kommt auf eine Organspenderliste. Doch die Zeit drängt. Zweimal pro Tag macht sie eine Entwurmungskur. Alle Haare fallen ihr aus. «An den Armen und Beinen fand ich das toll, am Kopf nicht», sagt Kinza. Ihren Humor hat sie nie verloren. Jeder gehe anders mit einer Krankheit um. Sie und ihre Schwester scherzten gern. «Die Ärzte fanden, wir sollten das Ganze ein bisschen ernster nehmen», sagt Kinza.
Neben der Leber griff der Tumor auch die Hohlvene an, Teile des Zwerchfells und den rechten Herzvorhof. Eine komplexe Operation war nötig. Sie fand im Unispital Zürich statt. Es war weltweit das erste Mal, das gleichzeitig eine Lebertransplantation und eine Herzoperation durchgeführt wurde. «Meine Überlebenschance lag bei 50 Prozent», sagt Kinza. Und: «Mein Glaube an Gott gab mir Kraft.» Und der an ihre Schwester: «Nina war immer die Stärkere von uns. Darum hatte ich nie Angst um sie», sagt Kinza. Nach vier Wochen im künstlichen Koma und einem Monat der Rehaklinik ist sie heute wieder ganz gesund: «Meine Leber taufte ich Hildi. Aber jeden Tag, wenn ich meine Narbe am Bauch sehe, sage ich vor allem eines: ‹Danke.›»