Drama in Weggis
Der Vater hielt Justin (4) über Wasser, bis er starb

Franz D. (63) erzählt von dem tragischen Unglück, bei dem er seinen Sohn und seinen Enkel verlor.
Publiziert: 21.03.2010 um 21:38 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 22:31 Uhr
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Von Anna Vonhoff

Zusammen mit seinem jüngsten Sohn Armin (13) steht Franz D.* am Ufer von Weggis und blickt auf das dunkle unruhige Wasser. «Da draussen liegt jetzt Roger» sagt Armin über seinen ertrunkenen Bruder. Und Franz D. fügt hinzu: «Das ist so typisch für ihn. Roger hat nie gern gesagt, wohin er ist.» Mit zusammengekniffenen Augen suchen sie die Wasseroberfläche ab. «Er hat seinen rot-weisse Fussballjacke angehabt, vielleicht treibt sie irgendwo», hofft Franz D.

Ende eine verschworenen Gemeinschaft

Sein Sohn Roger D. (41) und sein kleiner Enkel Justin (4) waren eine verschworene Gemeinschaft. Jeder freie Minute verbringt der Pub-Wirt aus Sarnen OW mit seinem Söhnchen: Im Sommer gehen sie gemeinsam in die Badi. Im Winter bringt Roger D. seinem Buben das Skifahren bei. Jetzt sind beide ums Leben gekommen.
Es passiert am Freitagnachmittag: Roger D. mietet in Küssnacht SZ ein Motorboot. Er will mit Justin eine Tour auf dem Vierwaldstättersee machen.

Kurz vor Weggis LU fällt der kleine Bub ins vier Grad kalte Wasser. Sein Vater springt hinterher. «Er hat den Buben zu fassen gekriegt, ihn auf dem Arm über Wasser gehalten und nach Hilfe geschrien», weiss Justins Grossvater. Passanten auf der Seepromenade hören die Hilfeschreie und alamieren die Polizei (BLICK berichtete). Es ist 17.20 Uhr.

Weil Roger D. vor seinem Sprung ins Wasser zwar den Gashebel, nicht aber die Kuppel zurückgenommen hat, tuckert das Motorboot von der Unfallstelle.
Und plötzlich ist von Vater und Sohn nichts mehr zu sehen. Der Rega-Heli entdeckt Justins kleinen Körper in den eiskalten Fluten. 45 Minuten nach dem Unfall wird der Bub geborgen, reanimiert und ins Unispital Zürich geflogen. Von Roger D. fehlt jede Spur.

Warum trug Justin keine Schwimmweste?

Franz D. erfährt vom Unglück Freitagnacht. Um 23.30 Uhr klingelt beim 63-Jährigen das Telefon. «Die Kriminalpolizei sagte, es sei etwas mit meinem Sohn. Ich fragte nur: Ist er tot?» schildert Franz D.

Da lebt sein Enkel Justin noch. Doch sein Gehirn war zu lange ohne Sauerstoff. «Am Samstagnachmittag haben die Ärzte die Maschinen abgestellt. Er hatte nur noch einen Puls von 40. Am Abend ist Justin gestorben», sagt der Grossvater traurig.

Der Vierjährige trug bei dem Bootsausflug keine Schwimmweste. Für die Familie ist das unerklärlich. Rogers Bruder Armin war im Sommer oft mit den beiden in der Badi und erinnert sich: «Justin musste immer eine Schwimmweste tragen, obwohl er das gehasst hat.»

Roger D. lebte nicht mehr mit Justins Mutter zusammen, war aber stets für seinen Sohn da. «Jeden Freitag hat er sich für Justin frei genommen», erzählt Rogers bester Freund Walter S.* (39). Justin habe die Ausflüge mit dem Papa geliebt. Und am Gedenkort in Weggis sagt Justins Grossvater bewegt: «Der Bub hing sehr an seinem Vater. Er hat ihn vergöttert.»

* Namen bekannt.

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