Peter S.* (46) ist an den Unglücksort gekommen, wo sein Sohn David (18) starb. «Hier, beim Brückengeländer, stürzte er 18 Meter hinunter», sagt der Banker leise. Er bricht in Tränen aus, hält sich die Hand vors Gesicht. «Ich habe mein Ein und Alles verloren.»
Am letzten Donnerstag hatte David S.* frei. Der Detailhandels-Stift isst mit der Familie daheim in Kleindöttingen AG Zmittag, dann kommt ein Freund (15) vorbei. «Sie spielten Fifa-Fussball auf der PlayStation, hatten es toll», erzählt Peter S.
Sein Sohn hat noch eine alte Kaufquittung von einem Laden aus dem nahen Waldshut (D). Damit will er schon lange die Mehrwertsteuer von 60 Euro zurückholen. Peter S.: «Deshalb gingen die zwei gegen Abend mit dem Zug dorthin.»
In Waldshut liess sich David ein Shirt zurücklegen
Im Kleiderladen in Waldshut erhält David die 60 Euro. «Er wollte sich eigentlich noch ein Shirt kaufen, das ihm so sehr gefiel», sagt sein Vater. Doch das Geld reicht nicht. «Deshalb hat er sich das Shirt reserviert.»
Danach wollen David und sein Kollege zurück zum Bahnhof spazieren, um wieder in den Aargau zu fahren. Dafür müssen sie in Waldshut über die Seltenbach-Brücke. Es ist 18.26 Uhr, als es mitten auf der Brücke zum Drama kommt.
Der Stift will seinen Mut, seine Geschicklichkeit zeigen
«David war mal Fussballer und musste wegen der Lehre auf normales Fitnesstraining wechseln», sagt Peter S. «Und weil er so ein aufgestellter Mensch war, ist er zum Rumkalbern wohl auf das Brückengeländer geklettert.»
Mit fatalen Folgen: David S. verliert das Gleichgewicht und stürzt 18 Meter in die Tiefe! «Er landete im Bach und schlug mit der Stirn an einem Stein auf. Sein Freund hat sofort Alarm geschlagen», sagt Peter S.
Der Vater zeigt BLICK die Unfallstelle. «Dort unten lag David. Mein Gott ... Er war alles für mich. Er hatte so einen tollen Humor, ein offenes Herz gegenüber allen Leuten.»
Im Sommer seien sie mit der Familie noch auf einer zehntägigen Kreuzfahrt gewesen. «Als David Miami Beach sah, leuchteten seine Augen», erinnert sich Peter S., «er liebte diese Gegend.»
David hatte eine Lehre begonnen
In der Freizeit sei sein Sohn ein GC-Fan gewesen. «Er liebte den Verein. Und er liebte seine eben begonnene Lehre bei einem exklusiven Zürcher Uhren- und Schmuckgeschäft. Sie waren sehr zufrieden mit David. Er war so glücklich.»
Der Vater kommt gerade von der Arbeit zurück in den Aargau – Peter S. ist Kadermitarbeiter einer Bank in Zürich –, als er um 18.40 Uhr am Telefon vom Unfall seines Sohnes hört. Er fährt mit seiner Frau (42) sofort ins Spital nach Waldshut. Als die Eltern in der Klinik ankommen, ist David bereits gestorben.
«Wenigstens musste er nicht leiden», sagt Peter S. Dennoch ist der Vater untröstlich. «Ich spürte im Moment der Todesnachricht keine Seele mehr in mir. So, als würde sie mir rausgerissen. Da dachte ich kurz: Ich will nicht mehr leben.»
Doch Peter S., selber ein ehemaliger Aktiv-Fussballer, ist eine Kämpfernatur. «Wie mein Sohn», sagt er. «Deshalb sind wir auch extra nochmals nach Waldshut gegangen und haben das Shirt gekauft, das unser Sohn reserviert hatte.»
Es liegt bei David im Sarg, wenn er heute beerdigt wird. «Wir sind sicher, dass er im Himmel daran Freude haben wird», erklärt Peter S., «und wir freuen uns, wenn wir David dort oben irgendwann wiedersehen.»
* Name der Redaktion bekannt