«Doofe Weiber», «Armleuchter», «Seckel», «Nazi»
Was Sie auf Facebook schreiben dürfen – und was nicht

Wer auf Facebook austeilt, kann hart gebüsst werden. Bereits die Schimpfwörter «Armleuchter» und «Seckel» können ehrverletzend sein. «Nazi» hingegen ist unter bestimmten Umständen okay.
Publiziert: 07.07.2017 um 20:34 Uhr
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Aktualisiert: 16.10.2018 um 13:19 Uhr
Dieser Flyer der Juso löste auf Facebook eine Flut von Hasskommentaren aus. Knapp 40 Anzeigen erstattete Parteipräsidentin Tamara Funiciello (ganz links) daraufhin mit Hilfe von Jolanda Spiess-Hegglin.
Lea Hartmann

Juso-Präsidentin Tamara Funiciello blitzte bei der Staatsanwaltschaft ab. Eine 71-jährige Facebook-Userin hatte sie und ihre Parteigenossinnen als «doofe Weiber» bezeichnet – aus Sicht der Politikerin ganz klar eine Beschimpfung. Mit Unterstützung der Zuger Ex-Kantonsrätin Jolanda Spiess-Hegglin ging sie juristisch gegen die Frau vor. Doch die Anzeige wurden abgewiesen (BLICK berichtete).

Mit Fällen wie diesem befassen sich die Strafverfolgungsbehörden in jüngster Zeit immer häufiger. Klagen wegen Ehrverletzung haben 2016 im Vergleich zum Vorjahr um rund 17 Prozent zugenommen. Nicht nur Politiker lassen es sich heute häufig nicht mehr gefallen, wenn sie im Netz beschimpft und beleidigt werden.

Ins Visier nehmen die Beschimpften dabei nicht nur Kommentarschreiber. Bereits ein Like oder der Klick auf «Teilen» können ausreichen, um verurteilt zu werden. Das entschied kürzlich das Zürcher Bezirksgericht. Es büsste einen Facebook-User (45) mit einer bedingten Geldstrafe in der Höhe von 4000 Franken, weil er den Tierschützer Erwin Kessler unter anderem als «Rassisten» und «Antisemiten» bezeichnet und Posts mit einem Like versehen hatte, die ähnliche Aussagen beinhalteten. Der Mann legte Berufung gegen das aufsehenerregende Urteil ein.

«Seckel» und «Armleuchter» sind strafbar

Bereits sechs Jahre ist es indes her, seit das St. Galler Kreisgericht eine junge Frau wegen eines Facebook-Posts zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt hat. Sie hatte einen Mann als «Seckel» und «truurige Mensch» bezeichnet. Das Urteil wurde damals als Präzedenzfall bezeichnet. 

Und auch «Armleuchter» ist justiziabel, entschied ein Aargauer Gericht erst vor wenigen Wochen. Eine Frau hatte einen Facebook-User in einer Diskussion rund um die SVP und Nationalrat Andreas Glarner damit betitelt. Der Mann klagte und erhielt recht.

«Rassist» und «Nazi»: Kein Problem

Jemanden als Rassisten oder Nazi zu bezeichnen, ist juristisch hingegen kein Problem – zumindest im Fall von Marcel Toeltl, SVP-Präsident von St. Margrethen SG. Der Lokalpolitiker ging bis vor Bundesgericht, um das Urteil zu kippen. Vergebens. Das Gericht kam zum Schluss, dass Toeltls Gesinnung tatsächlich nationalsozialistisch sei. Ihn so zu bezeichnen, ist deshalb nicht strafbar.

Nur weil etwas wahr ist, heisst das aber nicht, dass man es auch sagen darf. «Auch Wahrheit kann ehrverletzend sein», sagt Anwalt Martin Steiger, der auf Recht im digitalen Raum spezialisiert ist. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn sich die umstrittene Aussage auf etwas bezieht, das schon sehr lange her ist. 

Behörden können nicht klagen

Nicht zu weit in der Vergangenheit darf zudem der Facebook-Post oder -Kommentar liegen, der im Zentrum der Anzeige steht. «Der Strafantrag muss innert drei Monaten nach Kenntnis der Täterschaft erfolgen», sagt Steiger, und zwar durch die verletzte Person. Eine Voraussetzung für eine Klage ist weiter, dass sich die mutmassliche Ehrverletzung auf eine konkrete Person oder Personengruppe bezieht und nicht auf eine ganze Behörde oder Berufsgruppe. «Die Personengruppe muss genügend bestimmbar sein», sagt Steiger zu BLICK. 

Aus diesem Grund ist im vergangenen Jahr die Stadtpolizei St. Gallen vor der Staatsanwaltschaft abgeblitzt. Ein Mann hatte sich auf Facebook über die Beamten ausgelassen und sie unter anderem als «Drecksbande» bezeichnet. Weil sich die Schimpftirade gegen die Polizei allgemein und nicht gegen einen bestimmten Beamten richtete, kam der Mann ungebüsst davon. Seine Lehren zog er aus dem Entscheid wohl trotzdem.

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