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Die Schweiz rätselt erneut:Wo ist das Virus jetzt?

Die Schweiz rätselt erneut über fallende Corona-Zahlen
Wo ist das Virus jetzt?

Als im letzten Sommer der Lockdown endete, gingen die Ansteckungen massiv zurück. Jetzt wiederholt sich die Geschichte. Warum?
Publiziert: 09.05.2021 um 11:30 Uhr
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Aktualisiert: 09.05.2021 um 15:54 Uhr
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Als der Bundesrat im letzten Sommer den Lockdown aufhob, fielen die Ansteckungszahlen in den Keller.
Foto: Keystone
Danny Schlumpf

Das hatten wir doch schon einmal: Als der Bundesrat im letzten Sommer den Lockdown aufhob, fielen die Infektionszahlen in den Keller. Die ganze Schweiz rätselte: Wo ist das Virus hin?

Und jetzt passiert es wieder. Nach den Öffnungen im April sinken sämtliche Corona-Kennwerte – besonders markant die Fallzahlen: Es sind nur noch 2000 Neuansteckungen pro Tag. Tendenz sinkend.

Dabei hatte die Covid-Taskforce gewarnt: Wenn wir lockern, steigen die Zahlen – auf 5000 Fälle täglich. «Wir gehen mit den Öffnungen ein beträchtliches Risiko ein», sagte Taskforce-Chef Martin Ackermann (50).

«Es geht um mehr als ein paar offene Terrassen»

Haben die Wissenschaftler den letzten Sommer vergessen? Waren ihre Modelle schlecht? Ex-Taskforce-Mitglied Marcel Tanner (68) winkt ab. «Das hat mit falschen Modellen nichts zu tun», sagt der Basler Epidemiologe. «Wir haben es mit einem vielschichtigen, multikausalen Geschehen zu tun. Es geht um mehr als ein paar offene Terrassen.»

Man könne die aktuelle Situation nicht einfach mit dem letzten Sommer vergleichen, sagt Tanner. «Für die sinkenden Zahlen sind nicht nur die Saisonalität und das schöne Wetter verantwortlich. Auch der Effekt der Impfkampagne ist sehr wichtig.» Und die sei erst jüngst in Fahrt gekommen. «Hinzu kommt, dass die bei uns dominierende britische Variante sich dank des Massnahmenbündels nicht so durchsetzen konnte wie noch vor kurzem befürchtet.»

Ausserdem seien die Öffnungen sehr kontrolliert, sagt Virologe Andreas Cerny (65). «Viele wichtige und effiziente Einschränkungen wie die Homeoffice-Pflicht und die ausgedehnte Maskenpflicht sind weiterhin in Kraft.» Ebenso zentral seien die geschlossenen Innenräume von Restaurants und die Beschränkung von privaten Treffen.

Überraschend, dass Zahlen nicht noch tiefer liegen

Diese Fakten kannten die Taskforce-Forscher allerdings – und tippten trotzdem auf mehr Fälle. Dabei sei eher überraschend, dass die Zahlen nicht noch tiefer liegen, sagt ETH-Immunologe Sai Reddy (40). «Nach den Öffnungen im letzten Sommer verharrten die Fälle auf extrem niedrigem Niveau – und da gab es noch keine Impfungen und keine Maskenpflicht.»

Noch etwas komme im Vergleich zum letzten Jahr hinzu, sagt Reddy: «Berufsgruppen wie Verkäuferinnen oder Lehrer, aber auch Eltern sind dem Ansteckungsrisiko besonders stark ausgesetzt.» Viele von ihnen hätten eine Erkrankung deshalb bewusst oder unbewusst wohl schon durchgemacht. «Sie sind jetzt durch eine natürliche Immunität geschützt.» Auch das trage zur Reduktion der Fallzahlen bei.

«Das Virus ist nicht weg!»

Der Sommer kann also kommen. «Die Strategie des Bundesrats, in Intervallen von rund vier Wochen mit gezielten Lockerungsschritten zu öffnen, scheint bisher aufzugehen», sagt Andreas Cerny. Doch Marcel Tanner warnt: «Das Virus ist nicht weg! Wir dürfen jetzt nicht locker lassen und müssen die Schutzkonzepte weiterhin ernst nehmen.»

Dazu rät ein Blick zurück auf jeden Fall: Im letzten Sommer gab es bekanntlich kein Halten mehr. Und im Herbst rollte die zweite Welle über die Schweiz.

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