So werden unsere Altkleider weiterverarbeitet
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Reportage aus 2018:So werden unsere Altkleider bei Texaid verarbeitet

Die Schweiz mistet wegen Netflix-Aufräumshow aus
Kleider-Lawine verschüttet Caritas

Heilsarmee und Caritas spüren den Trend zum Ausmisten: In Basel denkt man bereits über einen Annahmestopp nach.
Publiziert: 10.02.2019 um 01:48 Uhr
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Aktualisiert: 10.02.2019 um 11:55 Uhr
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«Wie lange können wir diese Mengen bewältigen?» Tunia Vetter und Renate Kuster (r.) von Caritas Basel.
Foto: Stefan Bohrer
Tobias Marti

Die Aufräumshows der japanischen Ordnungsfee Marie Kondo sind Dauerbrenner im Internet und auf Netflix. Millionen befolgen Kondos Rat und machen klar Schiff in ihren Schubladen, putzen und entrümpeln. Anderswo aber führt der Hype ums Ausmisten zu immer volleren Lagern.

Was ein ordentlicher Ordnungsfimmel auszulösen vermag, davon kann so mancher Caritas-Laden ein Liedchen singen, zum Beispiel der in Basel: «Unsere Lager sind voll. Privatpersonen oder Firmen wollen uns Waren bringen, und wir müssen sie wegschicken», sagt die Leiterin Renate Kuster (52), seit zwanzig Jahren in der Branche.

Für sie wird dies zunehmend zum Problem: «Es wirkt arrogant, wenn man den Kunden absagen muss.» Schliesslich lebe man von den Spenden und sei auch froh da­rüber.

Nur: In jüngster Zeit sind sie massiv angestiegen. Was einst in geordnetem Rahmen ablief, sei heute «ein anhaltender Strom, uferlos.» Erschwerend komme hinzu, dass die Qualität häufig nicht dem Standard ent­spreche: «Daheim ausmisten und uns die Ware vor die Füsse werfen – für viele Leute dienen wir als Entsorgungsstelle», klagt Kuster.

In Basel fragt man sich nun: «Wie lange mögen wir diese Mengen noch bewältigen?» Sogar über einen Annahmestopp wird laut nachgedacht. Und darüber, wie mit anderen Organisationen zusammengearbeitet werden kann.

Bitte vorher anrufen

Auf der Homepage will man die Kunden nun bitten, doch vorher anzurufen, bevor 
sie zentnerweise Material vorbeibringen. Renate Kuster: «Wenn ich das nicht mache, gehen wir kaputt.» Das Sortieren der Ware 
sei für ihr Team eine Verschleissarbeit.

Längerfristig, ist die Ladenleiterin überzeugt, gibt es nur einen Weg: Weniger ist mehr. Sie meint damit jedermanns Garderobe. Ihr Vorschlag: Eine Grundgarderobe aus eher teurer Ware reiche aus. Dafür solle man besser zum Material schauen, dieses pflegen, wie es schon die Elterngeneration gemacht habe.

Emsig aufgeräumt und entsorgt wird offenbar auch in Zürich: «Es ist in der Tat so, dass wir die Lust am Ausmisten spüren», sagt Andreas Reinhart von der dortigen Caritas. 150 Tonnen Kleider pro Jahr kämen rein, zwei Drittel würden verkauft.

Recycling in der Schweiz
  • 52 Prozent betrug 2016 die Recyclingquote in der Schweiz – ein Spitzenwert.
  • 57'500 Tonnen Textilien und Schuhe wurden hierzulande 2016 gesammelt.
  • 790'000 Menschen verbrauchen so viel Energie beim Wohnen, wie das Recycling in der Schweiz einspart.
  • Nummer eins im Recycling: Viele Länder bezeichnen sich so. Auch die Schweiz. 
  • 52 Prozent betrug 2016 die Recyclingquote in der Schweiz – ein Spitzenwert.
  • 57'500 Tonnen Textilien und Schuhe wurden hierzulande 2016 gesammelt.
  • 790'000 Menschen verbrauchen so viel Energie beim Wohnen, wie das Recycling in der Schweiz einspart.
  • Nummer eins im Recycling: Viele Länder bezeichnen sich so. Auch die Schweiz. 

Im Sommer gehe die Menge eher zurück, im Herbst und Winter steige sie an: «Dieses Jahr fast um das Doppelte.» Dieser Anstieg diesen Winter, so Reinhart, gehe wohl tatsächlich auf Ordnungsfee Kondo zurück. Im Sommer böten die Städter ihre Sachen lieber an Flohmärkten feil.

«Die Leute werden sensibler»

«Es ist eine Entwicklung im Gang. Und die betrifft die Konsumgesellschaft», sagt Florian Stettler, als Verkaufsleiter Schweiz für die Hälfte aller Brocki-­Filialen der Heilsarmee zuständig.
Dabei gehe es nicht allein ums Entrümpeln: «Die Leute werden sensibler, viele fragen sich, wie sie mit den Ressourcen umgehen sollen.»

Dies betreffe vor allem junge Leute, wie nun auch die Klimademos zeigten. Stettler: «Darum haben wir uns angepasst, die Läden neu gestaltet und umgebaut, mehr Richtung Warenhaus.» Was die Kunden früher gesammelt hätten, werde heute geteilt: «Man gibt gerne ab, und kauft auch gerne was hinzu.»

Marie Kondo, die japa­nische Oberaufräumerin, würde jetzt raten, zuerst jeden Gegenstand einzeln in die Hand zu nehmen. Und sich dann zu fragen, ob er wirklich glücklich macht. Wenn ja, sagt man ihm Merci – und sonst: Weg damit. 

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