Die Krux des Schweizer Militärs mit dem weiblichen Geschlecht
Armee-Sprecherin nennt Frauen in Grün «Zirkusattraktion»

Die Schweizer Armee hat ein Problem mit ihren Frauen. Will BLICK darüber reden, nennt sie das VBS «Zirkusattraktion.»
Publiziert: 07.03.2017 um 23:45 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:02 Uhr
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Frauen im Militär: Heute leisten rund 1000 Frauen ihren freiwilligen Dienst. Das VBS nennt sie «Zirkusattraktionen».
Foto: PHILIPPE ROSSIER
Cinzia Venafro

Frauen im Tarnanzug – im hohen Norden wird das bald zur Normalität. Schweden führt ab 2018 die allgemeine Wehrpflicht wieder ein, die es 2010 aufgegeben hatte. Diesmal für beide Geschlechter.

Grund für BLICK, bei der Schweizer Armee die Temperatur zu messen: Wie steht es um die hiesigen Frauen, die freiwillig Militärdienst leisten? BLICK wollte mit der obersten Personalverantwortlichen der Armee, Germaine Seewer, ausführlich sprechen. Doch die Recherche offenbart: Die Armee verliert bei Gender-Fragen die Contenance.

«Wir verfügen in der Armee über einen Gesamtbestand von rund 1000 Frauen, das sind 0,7 Prozent», lässt Armee-Sprecherin Delphine Allemand verlauten. Sie würden aber «überproportional viele Medienanfragen für diesen Bereich» erhalten. Dies führe zu «Kapazitätsengpässen seitens Kommunikation», schreibt die VBS-Sprecherin. Und betont: «Frauen in der Armee haben langsam genug davon, den Medienschaffenden stets als Schaustück, als mittlere ‹Zirkusattraktion› zu dienen.» Will heissen: Die Armee hat kein Interesse am Interesse an ihren Frauen. Verstanden!

Reklamationen von Berufsoffizierinnen

Zwar seien «Frauen in der Armee den Männern gleichgestellt», ergänzt Allemand dann doch noch nach telefonischer Nachfrage. «Sie können bei entsprechender Eignung alle Funktionen übernehmen und alle Grade erreichen.» Es gelte der Grundsatz «gleiche Leistung – gleiche Chancen». Und wer sie kriegt, nutzt auch die Möglichkeit der militärischen Karriere: Über die Hälfte der Frauen, die Militärdienst leisten, absolvierten eine Kaderausbildung zum Unteroffizier oder Offizier.

Doch genau diese Frauen in Grün kämpfen offenbar gegen veraltete Strukturen, wie die Präsidentin der Finanzkommission des Nationalrats, Margret Kiener Nellen, sagt. 

«Ich erhalte Reklamationen von Offizierinnen und Berufsoffizierinnen, dass die Betreuungs- und Kinderzulagen ungenügend sind», sagt die SP-Politikerin. Somit würden unregelmässiger Dienst in der Armee inklusive Wochenenddienste «einfach finanziell ungenügend abgegolten, falls eine Frau Kinder hat».

«Das Tabu einer Dienstpflicht für die Frau muss fallen»

FDP-Nationalrat Thierry Burkart will dereinst möglichst viele Frauen im Militär sehen. «Das Tabu einer obligatorischen Dienstpflicht für die Frau muss fallen», sagt der Aargauer. «Wir müssen darüber diskutieren, dass Schweizerinnen mittel und -langfristig auch einen obligatorischen Dienst für den Staat leisten, sei dies in der Armee oder auch im zivilen Bereich. Erst so leben wir die Gleichberechtigung wirklich.»

Und vielleicht sind die Frauen fürs VBS dann keine «Zirkusattraktion» mehr. 

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