Ihr Spendenaufruf ist Thema in der ganzen Region: Martina (45) und Emil Koller (47) hoffen auf Geld für ihr zweites Baby. Weil es auf natürlichem Weg nicht klappt, muss die Familie aus Wolfhalden AR dafür auf künstliche Befruchtung zurückgreifen. Ein Versuch kostet 13'000 Franken, meist sind mehrere nötig. «Für uns ist es finanziell leider nicht mehr realisierbar. Deshalb sind wir auf Ihre Unterstützung angewiesen», schreiben sie in ihrem Bettelbrief.
Über 400 dieser Schreiben hat das Paar in den letzten Tagen in die Briefkästen umliegender Gemeinden verteilt. «Wir haben uns die Sache gut überlegt. Einen reichen Onkel haben wir nicht in der Familie, wir sind auf Unterstützung angewiesen – darum der Spendenaufruf», erklärt Emil Koller.
Ein Geschwisterchen für Alina
Er und seine Frau haben bereits einmal viel Geld investiert, um sich den Kinderwunsch zu erfüllen. Für Töchterchen Alina (acht Monate) waren vier Anläufe in einer österreichischen Reproduktionsklinik nötig. Kostenpunkt: über 50'000 Franken! Jetzt wollen sie es noch einmal versuchen. «Alina soll nicht als Einzelkind aufwachsen müssen. Wir haben Platz im Haus, sind finanziell unabhängig und wollten schon immer zwei Kinder», sagt Martina Koller.
Finanziell unabhängig? Wieso dann der Spendenaufruf? «Wir haben gegenüber unserer Tochter eine Verantwortung und wollen deshalb unsere Reserven nicht anfassen», erklärt Emil Koller.
Noch hat der Bettelbrief keinen grossen Erfolg: 450 Franken wurden nach rund zwei Wochen gespendet. Umso zahlreicher sind die Reaktionen. «Die eine Hälfte gratuliert uns zu unserem Mut, die andere kritisiert unser Vorgehen», sagt Mama Koller. Fast täglich liegen anonyme Hassschreiben im Briefkasten. Auch am Telefon werden sie regelmässig beschimpft. Martina Koller: «Wir stehen zu unserem Aufruf und akzeptieren andere Meinungen – solange sachlich diskutiert wird!»
Familie steht zu ihrem Vorgehen
Die Kritiker ärgern sich über die Bettelei der Familie, aber auch über die künstliche Befruchtung generell. «Wir sollten der Natur nicht ins Handwerk pfuschen, sagen die Gegner. Wenn man auf natürlichem Weg keine Kinder zeugen kann, dann passiere das nicht ohne Grund», so Emil Koller. Andere seien wegen des Alters der Eltern empört. Das Familienoberhaupt kontert: «Vor 20 Jahren hätte ich das gleiche Problem gehabt. Bloss wusste ich damals nichts von meiner zu geringen Spermienzahl!»
Seine Frau legt nach: «Die Biologie lässt es zu, dass ich noch ein Kind bekomme.» Ausserdem habe die Medizin grosse Fortschritte erzielt. «Davon machen wir jetzt gerne Gebrauch», erklärt sie. Je mehr Spenden bei ihnen eintrudeln, desto schneller können sie mit der Befruchtung beginnen.