Dialekt sorgt bei Radio und TV für Zoff
Walliser kaltgestellt

Zu viel Dialekt bei Radio DRS 1? Den Walliser Moderatoren wird das Mikrofon abgestellt. Ihre Fernsehkollegen finden das skandalös.
Publiziert: 28.03.2009 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 21:01 Uhr
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Von Walter Hauser

Christine Gertschen (48) ist eine der erfahrensten Moderatorinnen beim Radio DRS 1: Seit rund 15 Jahren moderiert sie diverse Sendungen. Doch vorletzte Woche erfuhr sie von Programmchef Christoph Gebel (50), dass sie die Freitagnachmittagssendung «Wunschkonzert für die Kranken» abgeben muss.

Grund der harschen Massnahme: Gertschens Dialekt. Statt etwa «Huus» sagt sie auf gut Walliserdeutsch «Hischi». In den Ohren ihrer Ostschweizer Zuhörer klingt das fremdländisch.

An einer Informationssitzung orientierte Programmchef Gebel die DRS-Redaktion: Es habe viele Reklamationen von Hörerinnen und Hörern gegeben, die sich über die schlechte Verständlichkeit des Walliser Dialekts beklagten. Dem will Gebel durch Änderung der Dienstpläne begegnen.

Von dieser Massnahme ist auch Michael Brunner (29) betroffen, der künftig nicht mehr das gesamte Morgenprogramm bestreiten darf. Er soll abwechselnd am Morgen und am Nachmittag vors Mikrofon – in genügendem Abstand zur «Presseschau» von Samuel Wyss: Auch er ist Oberwalliser.

Gertschen, Brunner und Wyss haben ihre Sporen bei Radio Rottu in Visp VS abverdient, das als journalistische Talentschmiede gilt. Beim Oberwalliser Sender haben auch die Fernsehmoderatoren Rainer Maria Salzgeber (39), Patrick Rohr (40) und Fabienne Pfammatter (39) ihre Karriere gestartet. Kritiker monieren: DRS mutiere immer mehr zum nationalen Radio Rottu. Zudem baue der Walliser Clan um SRG-Generaldirektor Armin Walpen (61) nun auch beim Radio seine Macht aus.

Der Dialektstreit hat inzwischen auch Patrick Rohr und Rainer Maria Salzgeber auf den Plan gerufen. Sie bezeichnen die Vorwürfe gegen die Walliser als nicht nachvollziehbar und wehren sich für ihre Radiokollegen. «Gebels Entscheid ist opportunistisch», sagt Rohr, der in Zürich ein Kommunikationsbüro leitet. Zum einen gebe es relativ wenige Walliser Radio- und Fernsehleute, sie fielen durch ihre urige Sprache einfach besonders auf. Zum anderen sei der Dialekt ein Indikator für die kulturelle Vielfalt unseres Landes.

Auch beim Fernsehen SF galt der Walliser Dialekt eine Zeit lang als Reizthema, doch Publikumsumfragen führten zu einem überraschenden Ergebnis: Das «Wallisertitsch» ist eine der beliebtesten Sprachfärbungen der Schweiz, denn der Rhonekanton wird mit Ferien, Fondue und Weisswein in Verbindung gebracht. Andreas Notter, Leiter Kommunikation von Radio DRS, weist den Vorwurf der Schikanierung von Walliser Moderatoren zurück. Die Programmleitung wolle sie keineswegs zurückbinden. Notter: «Wir wollen jedoch eine optimale Durchmischung der schweizerischen Dialekte sicherstellen.»



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