In Genf öffneten gestern die Coiffeurgeschäfte wieder. Ansonsten aber steht das öffentliche Leben weitgehend still. Ganz anders das Bild in vielen Kantonen der Deutschschweiz: Bis auf Basel, wo ab morgen Montag ein Teillockdown gilt, sind die Restaurants offen, in den Innenstädten wimmelt es von Weihnachtseinkäufern – mancherorts gibt es sogar Glühweinzelte, die zum feuchtfröhlichen Zusammensein verführen.
Es ist der eher lockere Umgang mit der Seuche diesseits des Röstigrabens, der die Schweiz gerade weltweit in die Schlagzeilen bringt. Trotz hoher Fallzahlen entschied sich der Bundesrat gegen einen allgemeinen Lockdown.
In der Deutschschweiz galten bis zum Basler Entscheid bislang meist nur partielle Einschränkungen – in Bern etwa sind Museen und Schwimmbäder geschlossen, die Ostschweiz dagegen geht nicht über die Mindestanforderungen hinaus, welche der Bund formuliert hat. Derweil ordneten die meisten Kantone in der Romandie wegen höherer Infektionszahlen einen Lockdown an. Allerdings gelten auch hier je nach Kanton unterschiedliche Stufen, so sind etwa in der Waadt die Läden geöffnet.
Massnahmen in der Westschweiz zeigen Wirkung
Didier Trono (64) ist Mitglied der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes. Eine wirklich schlüssige Erklärung, weshalb die Westschweiz zu Beginn stärker betroffen war, hat der Virologe nicht parat: «Bemerkenswert ist, dass die Fälle bereits im Sommer höher waren und nicht erst, als sich die zweite Welle manifestierte. Merkwürdigerweise setzt auch die Grippe jedes Jahr in der Westschweiz ein.»
Klar ist immerhin, dass die strikten Massnahmen in der Westschweiz wirken. Anteilsmässig sinken die Neuinfektionen deutlich stärker als in der Deutschschweiz.
Damit haben sich die Fallzahlen landesweit auf rund 5000 positive Fälle pro Tag stabilisiert – deutlich weniger als noch vor einigen Wochen.
Während Anne Lévy, Direktorin des Bundesamts für Gesundheit, im Interview vorsichtig von einer Trendwende spricht (siehe Seiten 8–10), sagt Virologe Trono: «In den meisten Teilen der Deutschschweiz haben sich die Zahlen eingependelt. Das ist ein gutes erstes Zeichen, aber es reicht nicht. Die Zahlen müssen sinken. Wenn wir mit dem aktuellen Weg nicht zum Ziel kommen, haben wir keine andere Wahl, als sehr strenge Massnahmen zu ergreifen.»
Baden nimmt es locker
Im Weihnachtsdörfli in Baden AG lässt man sich von solchen Prognosen die Stimmung nicht verderben. Das Virus ist zwar auch hier präsent – Abstand halten, Maske tragen, maximal vier Personen pro Tisch sind die Regeln. Hie und da geht das Distanzgebot, mithin das Infektionsrisiko dann aber doch kurz vergessen.
Sonja (24) und Melissa (20) geniessen ihren Glühwein, gehören aber zu den Vorsichtigen. «Ich gehe sonst nicht so in die Menschenmassen, das sollte ich auch nicht wegen meines Berufs in der Pflege», sagt Sonja. «Aber hier ist das Schutzkonzept gut. Und weil es draussen ist, fühle ich mich auch sicher.»
Der ältere Herr am Nebentisch meint aufgeräumt: «Ich finde es nicht gut, wenn man alles absagt. Wenn man nie rausgeht, ist das auch für die Psyche schlecht.»
Tatsächlich schlägt die aktuelle Situation nicht wenigen aufs Gemüt. Das beobachtet auch Roger Staub (62), Geschäftsführer der Stiftung Pro Mente Sana.
So nähmen in der zweiten Welle deutlich mehr Menschen Hilfe in Anspruch als im Frühjahr. Staub: «Die aktuell leicht sinkenden Fallzahlen führen noch nicht zu einer Entlastung, wir kriegen deutlich mehr Anrufe für Beratungen.»
Ein Lockdown schadet der Psyche und der Wirtschaft
Ein Lockdown in der gesamten Schweiz ist für den Mann von Pro Mente Sana darum keine Option. Eher brauche es eine konsequente Umsetzung des aktuellen Wegs. «Ein Lockdown schadet der Psyche und der Wirtschaft. Im Frühling etwa mussten wir vielen empfehlen, dass sie zwischendurch nach draussen gehen sollen.» Problematisch sei vor allem die Kommunikation. «Der Begriff Social Distancing etwa wird häufig komplett falsch verstanden. Es braucht nicht eine soziale Distanz im Sinne einer Isolation von der Aussenwelt, sondern einen physischen Abstand.» Das bedeute aber nicht, dass man sich nicht mit Freunden treffen könne.
Die Politik will von Lockdown nichts wissen. Aus Bern ist zu hören, man sei zufrieden mit der Arbeit der Kantone. «Der Föderalismus funktioniert, wenn auch mit einigen Monaten Verspätung», meint ein Beamter.
Virologe Trono bleibt zurückhaltend: «Wir sind noch immer mitten im Sturm. Wenn wir heute unsere Hausaufgaben nicht machen, bekommen wir die Konsequenzen in zwei Wochen zu spüren. Wir müssen antizipieren und vorausdenken. Hände waschen, Abstand halten und Maske tragen sind entscheidend. Es braucht jeden dafür.»
Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.
So gehts:
- App holen: App-Store oder im Google Play Store
-
Push aktivieren – keine Show verpassen
-
Jetzt downloaden und loslegen!
-
Live mitquizzen und gewinnen
Spiele live mit und gewinne bis zu 1'000 Franken! Jeden Dienstag, Mittwoch und Donnerstag ab 19:30 Uhr – einfach mitmachen und absahnen.
So gehts:
- App holen: App-Store oder im Google Play Store
-
Push aktivieren – keine Show verpassen
-
Jetzt downloaden und loslegen!
-
Live mitquizzen und gewinnen