Der gestürzte Bäderkönig Otto G. Loretan
Nur noch nachts im Knast

Ein heisses Gerücht macht im Wallis die Runde: Ex-CVP-Fürst Otto G. Loretan sei frei. Richtig ist: Tagsüber darf er arbeiten. Er ist in Halbfreiheit.
Publiziert: 18.07.2009 um 20:01 Uhr
|
Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:54 Uhr
Von Roman Seiler

«Hallo?» tönt es am anderen Ende der Leitung zögerlich. Am Telefon ist Otto G. Loretan. Der 63-Jährige befindet sich am Donnerstagnachmittag in der Villa der Familie am sonnenbeschienenen Hang in Randogne VS unterhalb von Crans-Montana. Der einstige Anwalt, Notar, Verwaltungsrat, Offizier, Gemeindepräsident des Badeortes Leukerbad und bis 1999 Nationalrat der CVP befindet sich seit wenigen Tagen in «Halbfreiheit», wie er bestätigt. Weitere Auskünfte mag er nicht geben.

Seit Frühjahr 2007 sitzt «Otto G.», wie er im Volksmund genannt wird, im Gefängnis von Sitten. Nun hat er die Hälfte seiner Haftstrafe von viereinhalb Jahren abgesessen. Er stürzte während seiner Amtszeit als Gemeindepräsident nicht nur Leukerbad in ein Schuldendebakel (siehe Box), sondern bereicherte sich auch persönlich.

Wegen guter Führung darf er nun seit kurzem tagsüber ausserhalb der Gefängnismauern einer Arbeit nachgehen. Von seinem Salär werden täglich 21 Franken als Anzahlung an die Gefängniskosten abgezogen. Abende und Wochenenden verbringt Loretan weiterhin in seiner Zelle. Ab nächsten Mai darf er mit der Freilassung rechnen.

Welcher Tätigkeit er nachgeht, wird von der Gefängnisleitung nicht kommentiert. Als Anwalt oder Notar kann Loretan nicht mehr tätig sein. Er ist in den entsprechenden Registern seines Heimatkantons nicht mehr aufgeführt.

Und für den heutigen Präsidenten des Walliser Notarenverbands, German Mathier (64), ist klar, dass ein allfälliges Wiederaufnahmegesuch abschlägig beantwortet würde: «Das wäre mit der Berufswürde nicht vereinbar. Loretan ist als Urkundsperson nicht mehr tragbar.» Auch aus der Partei ist er laut CVP-Politikern ausgeschieden.

Möglich ist, dass er sich von einer der Gesellschaften beschäftigen lässt, in denen Tochter Fabienne einzige Verwaltungsrätin ist. So sind als Zweck der Finastrat ausdrücklich «Beratung in Rechtsfragen» und «Vermögensverwaltung» aufgeführt.

Firmendomizil ist die Villa, die der Bonvivant vor rund sieben Jahren bauen liess. Eingetragen ist der geschätzte 1,5 Millionen Franken teure Palast auf seine Töchter. Die 1900 Quadratmeter umfassende Parzelle gehörte einst zu den 14000 Quadratmetern Land, welche der Palfalvo gehörten.

Ende 2003 kaufte die Frauenfelder HRS Real Estate 5700 Quadratmeter und baute darauf zwei Chalets mit je zwölf Eigentumswohnungen. Der Deal dürfte rund 1,4 Millionen Franken eingebracht haben. Das ist ein Grund, warum der alte Politfuchs auch nach seiner Entlassung ganz oben leben wird.


Der Fall
1998 Leukerbad wird unter Zwangsverwaltung gestellt. Munizipal- und Burgergemeinde sowie deren Gesellschaften haben Schulden von 340 Millionen Franken.

1999 Otto G. Loretan sitzt wegen Bereicherungsvorwürfen einen Monat lang in Untersuchungshaft. Er legt alle Ämter nieder.

2007 Das Bundesgericht bestätigt das Urteil gegen Loretan.

1998 Leukerbad wird unter Zwangsverwaltung gestellt. Munizipal- und Burgergemeinde sowie deren Gesellschaften haben Schulden von 340 Millionen Franken.

1999 Otto G. Loretan sitzt wegen Bereicherungsvorwürfen einen Monat lang in Untersuchungshaft. Er legt alle Ämter nieder.

2007 Das Bundesgericht bestätigt das Urteil gegen Loretan.

Fehler gefunden? Jetzt melden