Tausende von Schweizern werden zum Jahreswechsel in den 19 Schweizer Spielcasinos ihr Glück beim Roulette oder an den Automaten versuchen. Was sie nicht wissen: Sie laufen Gefahr, beim Glücksspiel gefilmt, registriert und fichiert zu werden. SonntagsBlick liegen interne Dokumente des Spielcasinos in Pfäffikon SZ vor, die aufzeigen, dass über Spieler private Daten gesammelt werden. Ziel der heimlichen Fichierung ist es, das Spielverhalten der Casinobesucher zu analysieren. Und das decken die Dokumente auf:
Ausweispapiere werden gefilmt
Thomas W.*, der beste Kontakte zu hohen Spielcasino-Funktionären pflegt, weiss: «Alle Besucher des Spielcasinos Zürichsee werden ohne ihr Wissen bei der Kontrolle am Empfang gefilmt und die Ausweispapiere registriert.» Der Insider erklärt, wie raffiniert dabei vorgegangen wird: «Beim Empfang muss man den Ausweis vorzeigen. Während das Casinopersonal abklärt, ob der Spieler gesperrt ist, wird der Ausweis in ein speziell präpariertes Viereck gelegt und gefilmt.» Als Beweis für seine Behauptung legt Thomas W. Fotomaterial vor, welches die Registrierung festhält. Pikant: Am Empfang steht eine Tafel mit dem Hinweis, dass keine Daten registriert werden. Der bestens informierte Insider: «Es existiert sogar ein Schreiben des Verwaltungsrates, das dieses Vorgehen verbietet.» Er kennt ein weiteres Casino, das mit der gleichen Methode Ausweise der Spieler registriert. «Aber von dort habe ich leider kein Fotomaterial als Beweis».
Was sagt das Casino zu dem Vorwurf? «Die Kameraüberwachung ist eine gesetzliche Vorgabe für die Sicherheit und Transparenz des Spielbetriebes, auf die wir bereits im Eingangsbereich des Casinos hinweisen.», bestätigt Casino-Direktor Daniel Vogt. «Aus dem Grund werden die Ausweise beim Besuch des Casinos von der Kamera erfasst.» Die Daten werden laut Vogt nach 28 Tagen wieder gelöscht. Wirklich? Bei den SonntagsBlick zugespielten Fotos über die Ausweisregistrierung war das nicht der Fall. Ausserdem ist es nicht die einzige Datenerfassung, die das Casino vornimmt.
High Roller werden registriert
High Roller sind Casino-Besucher, die regelmässig mit hohen Einsätzen spielen und deshalb für die Betreiber besonders lukrativ und interessant sind. Ein SonntagsBlick vorliegendes Dokument deckt am Beispiel von Dano K.* auf, dass über Vielspieler detailliert Buch geführt wird. Minutiös werden, unter anderem mit Hilfe von Überwachungskameras, alle seine Spielzüge und Einsätze aufgezeichnet. Das Casino weiss, wieviel Geld er jeweils einsetzt und wie lange er an einem Roulettetisch spielt, bevor er zu einem anderen Tisch wechselt.Sogar die Farben seiner Spieljetons sind registriert. Vier volle Seiten umfasst das Analyse-Protokoll des High Roller Dano K. Darunter auch Nummern und Codes, die Aussenstehenden ein Rätsel bleiben.
Auszug aus dem Protokoll der Überwachungsabteilung vom 7. Mai 2007: Um 23.41 Uhr beginnt Dano K., American Roulette zu spielen. Um 02.50 verlässt er den Spieltempel wieder – mit einem Gewinn von 72 250 Franken. Auch die persönlichen Daten von Dano K. wie Alter, Nationalität und Passnummer sind im Protokoll festgehalten.
Spieler werden fichiert
Nicht nur das Spielverhalten von High Roller mit hohen Einsätzen wird minutiös registriert, sondern auch dasjenige von Dutzenden anderen Spielern. Auch hier stehen neben den Namen die genauen Spielzeiten, die Spielarten sowie die Gewinne und Verluste. Die Daten werden in extra dafür erstellten Formularen aufgelistet.
Und was sagen die Verantwortlichen über die Spieler-Fichen? «Diese Daten werden in Übereinstimmung mit dem Gesetz erhoben. Sie dienen der Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht und Geldwäscherei», sagt Casino-Direktor Vogt. Für Insider Thomas W. klingt diese Begründung wenig glaubwürdig. «Bei den Spielern ist die Diskretion oberstes Gebot. Wenn alle Casinos in der Schweiz solche detaillierten Daten anlegen würden, laufen sie Gefahr, dass die Kunden aus Angst vor der Registrierung und möglichen Indiskretionen ausbleiben.»
Fotografiert, registriert und fichiert. Ob das alles wirklich dem Schutz der Spieler und der Verhinderung der Geldwäscherei dient, wird jetzt die Eidgenössische Spielbankenkommission ESBK abklären. Die SonntagsBlick-Recherche über den gläsernen Glücksspieler hat jetzt die Bundes-Kontrolleure auf den Plan gerufen.
«Wir werden entsprechende Abklärungen vornehmen. Erst dann können wir abschätzen, was an den Vorwürfen dran ist», sagt ESBK-Direktor Jean-Marie Jordan.
* Namen von der Redaktion geändert
2002: Es tauchen konkrete Hinweise auf, dass die Russenmafia einen Teil der Schweizer Spielcasinos zu unterwandern versucht.
2003: Die Eidgenössische Spielbankenkommission eröffnet ein Strafverfahren gegen das Casino Lugano. Der Verdacht: Geldwechsler verlangen Wucherzinsen und das Casino pflegt Kontakte mit vorbestraften Italienern.
2004–2006: Ein spielsüchtiger Coiffeur konnte über eine Million erschwindelter Franken verspielen, ohne dass er von den Spielbanken gesperrt wurde.
2007: Prominente Casino-Verwaltungsräte tauchen in Hunderten Briefkastenfirmen in Panama auf. Die Spielbanken-Kommission ermittelt.
2002: Es tauchen konkrete Hinweise auf, dass die Russenmafia einen Teil der Schweizer Spielcasinos zu unterwandern versucht.
2003: Die Eidgenössische Spielbankenkommission eröffnet ein Strafverfahren gegen das Casino Lugano. Der Verdacht: Geldwechsler verlangen Wucherzinsen und das Casino pflegt Kontakte mit vorbestraften Italienern.
2004–2006: Ein spielsüchtiger Coiffeur konnte über eine Million erschwindelter Franken verspielen, ohne dass er von den Spielbanken gesperrt wurde.
2007: Prominente Casino-Verwaltungsräte tauchen in Hunderten Briefkastenfirmen in Panama auf. Die Spielbanken-Kommission ermittelt.
Insgesamt erwirtschafteten sie 955 Millionen Franken. Die Einnahmen der öffentlichen Hand aus der Spielbankenabgabe betrugen 495 Millionen Franken: rund 417 Millionen Franken gingen an die AHV, 78 Millionen Franken an die Standardkantone. 747 Millionen dieses Ertrags stammen aus den Geldspielautomaten. 208 Millionen wurden beim Amerikanischen Roulette und beim Black Jack umgesetzt.
*Die Zahlen von 2007 liegen noch nicht vor.
Insgesamt erwirtschafteten sie 955 Millionen Franken. Die Einnahmen der öffentlichen Hand aus der Spielbankenabgabe betrugen 495 Millionen Franken: rund 417 Millionen Franken gingen an die AHV, 78 Millionen Franken an die Standardkantone. 747 Millionen dieses Ertrags stammen aus den Geldspielautomaten. 208 Millionen wurden beim Amerikanischen Roulette und beim Black Jack umgesetzt.
*Die Zahlen von 2007 liegen noch nicht vor.