Nein, dieser junge Herr verteilt keine Glace. Sein roter Velo-Anhänger hält aber durchaus kleine Überraschungen bereit: Delikate Fragen wie «Haben Sie amoralische Gedanken?», «Googeln Sie sich selber?» oder gar: «Wären Sie gerne Bundesrat?»
Die Neugier des Velofahrers ist quasi amtlicher Natur. Herrn und Frau Schweizer wurde an der Landesausstellung schon immer der Puls gefühlt. Antworten vom Volk will da auch die Nexpo, geplant fürs Jahr 2028 und angestossen von den zehn grössten Schweizer Städten.
Allerdings hätten die Expo-Macher sie gern bereits im Vorfeld des Events – darum das Velo. Allgemein gesprochen, interessieren sie sich dafür, wie man in der Schweiz des 21. Jahrhunderts zusammenlebt. Aus den Antworten entsteht dann die Landesausstellung. Mitmachen ist daher quasi erste Bürgerpflicht.
Bereits 3000 Teilnehmende
Nun liegen vorläufige Resultate der Velo-Umfrage vor, 3000 Bereitwillige in drei Landesteilen haben bisher mitgemacht. Das Spannendste zuerst: amoralische Gedanken haben nicht weniger als zwei von dreien. Die meisten allerdings nur ab und zu. Wie diese Gedanken genau aussehen, darüber schweigen die Demoskopen diskret. Was sie bekanntgeben: Zwei von dreien haben sich schon selber gegoogelt, Bundesrat werden will dagegen nur jeder Dritte – und von jenen, die wollen, möchte sich knapp die Hälfte das Amt mit jemandem teilen.
Eine knappe Mehrheit der Befragten ist für Frauenquoten, für eine klare Mehrheit ist Wilhelm Tell schlicht eine Sagengestalt, also weniger ein Freiheitskämpfer, ein Held oder gar ein Revoluzzer und Terrorist.
Schweizer Fahne als Putzlappen
Knapp die Hälfte hält die Jugend für «aktivistisch» und meint, die Jungen übernähmen zu wenig Verantwortung. Wer niemals abstimmen geht, der könne kein guter Schweizer sein, finden sogar drei von vier Teilnehmern. «Im Winter in die Karibik fliegen, um Sonne zu tanken», hält die Hälfte für akzeptabel. Eine zerfetzte Schweizer Fahne als Putzlappen zu benutzen, stellt nicht einmal für die grosse Mehrheit ein Problem dar.
Nur wer seinen Haushaltsabfall in einem öffentlichen Mülleimer entsorgen will, stösst bei zwei von drei Befragten dann doch auf heftigen Widerstand.
Was den Befragern auffiel: «Damals, bei der Expo 1964, wollten die Leute Durchschnittsschweizer sein. Heute hält sich jeder für individueller als die anderen», so der Mitkurator Juri Steiner.
Wer seiner «Bürgerpflicht» nachgehen will, kann dies bis Ende Jahr online auf nexpo.ch tun.