Er soll der Waffenschieber der ’Ndrangheta sein: 2001 zog Francesco A.* (33) aus dem kalabrischen Dorf Gasperina in die Schweiz. Jahrelang lebte er in einer unscheinbaren Mietwohnung in Schaffhausen. Seitdem die italienischen Mafia-Ermittler am Dienstagmorgen 18 seiner Mafia-Kollegen festnahmen, wird er in Italien per Haftbefehl gesucht.
Laut dem Staatsanwalt führte Francesco A. Hunderte Telefongespräche mit Mitgliedern des aufgeflogenen ’Ndrangheta-Clans in der süditalienischen Provinz Catanzaro. Nach Auswertung der Gesprächsprotokolle ist sich der Staatsanwalt sicher: «Er war für die Beschaffung und die Lieferung der Waffen von der Schweiz nach Kalabrien zuständig. Dafür pendelte er regelmässig von der Schweiz nach Italien.»
In den abgehörten Gesprächen hiessen Pistolen «Salami», Gewehre «Scooter». Und Francesco A. wurde «la cicala» genannt. Die Zikade lieferte die Waffen, mit denen sie «auf den Strassen rumballerten und sich so Respekt verschafften», wie es gestern an einer Medienkonferenz hiess (BLICK berichtete). Francesco A. arbeitete in Schaffhausen auf dem Bau, ging immer wieder für Monate nach Italien.
In Varese (I), nahe der Schweizer Grenze, hatte er eine zweite Wohnung. Zuletzt lebte er im Herbst für ein paar Monate in der Schweiz: Im Zimmer eines Bed & Breakfast in Schaffhausen. Dort ist er laut der Schaffhauser Behörden noch gemeldet, dort holt er seine Post ab. Und tatsächlich: «Noch letzte Woche habe ich ihn gesehen», sagt sein ehemaliger Vermieter. Im Dezember sei er ausgezogen. Jetzt ist er untergetaucht. Und wird es wohl auch bleiben.
Die Bundesanwaltschaft, in der Schweiz für Mafia-Ermittlungen zuständig, ist über den Fall des Schaffhauser Waffenschiebers offenbar nicht im Bild: «Wir sind mit dieser Sache nicht befasst und können die italienischen Quellen nicht kommentieren», sagt Sprecherin Jeannette Balmer.
Auch zur zweiten aufgeflogenen Mafia-Zelle im Thurgau gibt es von der Bundesanwaltschaft keine weiteren Informationen: «Das betrifft eine laufende Strafuntersuchung. Deshalb können wir jetzt keine Angaben über den Stand des Verfahrens machen.»