Churer Kirchenoberhaupt bricht ein Tabu
Eine Frau schreibt den Bischofsbrief

Er ist der reaktionärste Bischof im deutschsprachigen Raum: Jetzt spannt Vitus Huonder mit Feministinnen-Schreck Birgit Kelle zusammen. Die Deutsche darf in seinem Namen einen Bischofsbrief verfassen.
Publiziert: 24.11.2017 um 23:45 Uhr
|
Aktualisiert: 28.09.2018 um 22:20 Uhr
1/4
Die deutsche Publizistin Birgit Kelle schreibt den Churer Bischofsbrief. Darin wettert die Bestseller-Autorin gegen linke Feministinnen – was ganz nach Huonders Gusto ist.
Foto: Thomas Meier
Cinzia Venafro

Das ist eine Premiere für die ­katholische Kirche: Erstmals schreibt kein geweihter Priester den Bischofsbrief, sondern eine Frau. Ausgerechnet der Churer Bischof Vitus Huonder (75) gibt den Stift aus der Hand. Er gilt sonst nicht eben als Frauenförderer. Einen Namen hat er sich vielmehr mit ultrakonservativen Positionen gemacht.

Doch keine Angst, Huonder wird sich nicht untreu: Die Autorin seiner Wahl ist die deutsche Publizistin ­Birgit Kelle (42), die in ihren Büchern linke Feministinnen geisselt und die Mutterschaft feiert.

Im Bischofsbrief schlägt Kelle ähnliche Töne an: Sie zieht gegen die von ihr so bezeichneten «Gender-Ideologen» vom Leder. Also Leute, welche die Unterschiede zwischen Frau und Mann weniger biologisch als sozial begründet sehen. Im BLICK-Interview erklärt Kelle, warum sie und Huonder sich gefunden haben.

Gemeinsame Mission

Sie heckten ihre gemeinsame Mission bei einem Mittagessen aus: Der Churer Bischof Vitus Huonder (75) überlässt erstmals in der Geschichte der katholischen Kirche in Europa sein Wort einer Frau.

Der konservative Geistliche engagiert Birgit Kelle (42) – die wohl bekannteste Anti-Feministin Deutschlands und Bestsellerautorin («Muttertier», «Gender Gaga»).

Vitus Huonder ist schon lange Fan der Gender-Hasserin

In seinem Namen durfte die Deutsche einen Bischofsbrief verfassen, den der Bündner anlässlich des Tags der Menschenrechte am 10. Dezember an seine Priester des Bistums Chur versenden wird.

Huonder hatte die streitbare Publizistin bereits für Vorträge nach Graubünden gerufen – sie sollte seinen Brüdern den «Genderwahnsinn» näherbringen.

Was ist Gender?

«Gender» stammt aus dem Englischen und bedeutet ­Geschlecht. Anders als beim englischen Begriff «Sex» ist damit nicht das biologische, sondern das soziale ­Geschlecht gemeint.

Weil es im Deutschen kein Wort dafür gibt, wurde das englische ­Gender übernommen. Gender-Fragestellungen oder auf Englisch «Gender Studies» befassen sich mit den gesellschaftlich geprägten Beziehungen von Frauen und ­Männern, etwa in der Erziehung oder der ­Arbeitswelt.

Die Gender-Gleichstellungs­bewegung will Ungleichbehandlungen ­ausmerzen. Wer dies in allen ­Bereichen tut, in alle Lebens­aspekte «streamt» (zu Deutsch: ­«verströmt»), betreibt «Gender-Mainstreaming».

«Gender» stammt aus dem Englischen und bedeutet ­Geschlecht. Anders als beim englischen Begriff «Sex» ist damit nicht das biologische, sondern das soziale ­Geschlecht gemeint.

Weil es im Deutschen kein Wort dafür gibt, wurde das englische ­Gender übernommen. Gender-Fragestellungen oder auf Englisch «Gender Studies» befassen sich mit den gesellschaftlich geprägten Beziehungen von Frauen und ­Männern, etwa in der Erziehung oder der ­Arbeitswelt.

Die Gender-Gleichstellungs­bewegung will Ungleichbehandlungen ­ausmerzen. Wer dies in allen ­Bereichen tut, in alle Lebens­aspekte «streamt» (zu Deutsch: ­«verströmt»), betreibt «Gender-Mainstreaming».



Spricht Kelle Huonder aus der Seele? «Ich hoffe, sie spricht vor allem Frauen aus der Seele, die sich die Schönheit der Mutterschaft nicht nehmen lassen», so Huonder zu BLICK. Sie verteidige «die Rechte von Kindern, im Mutterleib nicht getötet zu werden, und das Recht auf Mutter und Vater».

Zudem kämpfe sie «für den Wert der Frau als schöpferische Quelle des Lebens» und reduziere «die Frau nicht auf Geld und Karriere».

Huonder schwärmt: «Brigit Kelle ist eine selbständige, starke Frau und Mutter. Das ist gerade kein Widerspruch, wie uns der Zeitgeist suggeriert.»

Huonder: «Gender ist eine zerstörerische Ideologie»

Im Vorwort von Kelles Brief warnt Vitus Huonder von der «grossen Gefahr für die Menschheit» – und meint damit das «Gendermainstreaming», jene Strategie, mit der die Gleichstellung der Geschlechter gefördert werden soll. «Alle totalitären Regimes der Vergangenheit haben versucht, die Familie zu ersetzen», so Huonder.

«Mann und Frau mussten beide für das System produktiv sein, während der Staat die Hoheit über die Kinderbetten wollte.» Genau dies geschehe heute «im Namen von Gender Mainstreaming».

Und wie steht Vitus Huonder zu Kelles Lieblingshass-Thema? «Da stehe ich ganz bei Papst Franziskus», erklärt er. «Er sieht Gender als zerstörerische Ideologie und sagt: Man zerstört heute nicht mit Waffen, sondern mit Ideen. Er sieht Gender als Angriff auf die Ehe und auf ganze Schöpfung.»

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?