Chaos-Armee: Beim Bestrafen funktioniert sie noch
Knast wegen zerrissenem Hemd

Vier Party-Soldaten lernen die volle Härte der Armee kennen. Sie müssen hinter Gitter. Mit richtigen Verbrechern.
Publiziert: 31.10.2008 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:04 Uhr
Von Beat Michel

Mit dem Organisieren hat es die Schweizer Armee nicht so. Sie bietet gern und oft zu viele Soldaten für RS und WK auf – um die Wehrmänner dann gleich wieder heimzuschicken.

Dafür ist das Militär beim Bestrafen umso effizienter. Wie jetzt vier Soldaten vom Kompetenzzentrum Gebirgsdienst Andermatt UR merken mussten.

Es ist der letzte WK-Abend für die drei Gebirgsspezialisten und den Truppenkoch. Sie wollen noch einmal feiern, wie sie das während drei Wochen immer wieder getan haben. Ausgelassen.

Im Restaurant «Gotthard» müssen als Erstes die Ausgangsklamotten dran glauben: Zwei Kletter-Spezialisten zerrupfen sich gegenseitig die Hemden. Ratsch – die Patten-Träger weg. Ritsch – die Brust-
taschen weg. Zack – die Ärmel weg.

Beim Koch wird das Hemd mittendurch gerissen und anschliessend wieder zusammengeknüpft. Die Party-Soldaten machen auch munter weiter, als sich gegen 22 Uhr ein Offizier in die Beiz setzt. Sie haben immer wild gefeiert. Wieso soll es diesmal anders sein?

Aber: Der Offizier kommt frisch aus der RS. Er hat die strengen Moralvorstellungen noch intus. Um 23.30 Uhr greift er ein.

Fordert die Soldaten auf, in die Kaserne zu gehen. Streng nach Befehl müssten sie schon seit 23 Uhr im Bett sein. «Wir sind sofort gegangen. Wir wollten kein Verfahren wegen Befehlsverweigerung riskieren», sagt einer der Soldaten.

Zu spät. Der junge Offizier schreibt einen Rapport: «Grober Verstoss gegen die Sorgfaltspflicht von Armeematerial und unerlaubtes Entfernen von der Truppe.»

Das Militär schlägt mit voller Härte zu: Zwei der Party-Soldaten müssen eine Woche in den Knast. Der Truppenkoch drei Tage. Alle müssen ihre Strafe nachdienstlich absitzen.

Das heisst: In einem zivilen Gefängnis – mit richtigen Verbrechern. Der Gebirgsspezialist, dessen Ausgangshemd heil blieb, kriegt 100 Franken Busse.

Das VBS bestätigt den Vorfall. Info-Chef Heer Daniel Reist: «Die Soldaten gaben ein schlechtes Bild der Armee ab. Zudem haben sie Material zerstört, das der Steuerzahler bezahlt hat. Die Strafe ist angemessen.»

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Leerlauf-Opfer: Wann gibts Schadenersatz?
Aus der RS oder dem WK heimgeschickt. Kann sich ein Soldat wehren?

Das Militär bietet Rekruten auf und lässt sie dann – wegen Bettenmangels – gleich beim Einrücken wieder abreisen (im BLICK). Diese «Leerläufe» ärgern die Soldaten. Zu Recht. Aber bekämen sie auch vor einem Gericht Recht?

Jurist und Verwaltungsrechtsspezialist Thomas Schütz: «Wenn die Armee einen Soldaten aufbietet und ohne Alternative heimschickt, könnte der Soldat grundsätzlich Schadenersatz geltend machen.»

Der Schaden müsse gut begründet werden. Wer sich etwa bewusst für die RS-Zeit keine Stelle suchte und dann ohne Job dasteht, könnte Lohnzahlung verlangen.
Deshalb lässt die Armee ihre Rekruten «frei» wählen, ob sie die Kompanie wechseln oder die RS verschieben wollen. «Der Kläger ist verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten», sagt Schütz. Das heisst, wenn das Militär ihm eine Alternative anbietet, muss sie der Soldat annehmen. «Sofern es für ihn zumutbar ist.»

Von Karin Baltisberger
Aus der RS oder dem WK heimgeschickt. Kann sich ein Soldat wehren?

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Deshalb lässt die Armee ihre Rekruten «frei» wählen, ob sie die Kompanie wechseln oder die RS verschieben wollen. «Der Kläger ist verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten», sagt Schütz. Das heisst, wenn das Militär ihm eine Alternative anbietet, muss sie der Soldat annehmen. «Sofern es für ihn zumutbar ist.»

Von Karin Baltisberger
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