Casino-Skandal, Teil 2
So werden Spielsüchtige abgezockt

Die Überwachung der Gäste diene ihrem Schutz vor der Spielsucht, behaupten Schweizer Casinos. Jetzt steht fest: Sogar gesperrte Süchtige gehen dort ein und aus.
Publiziert: 05.01.2008 um 16:22 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2018 um 21:24 Uhr
Von Beat Kraushaar

Letzte Woche enthüllte SonntagsBlick, wie das Casino Zürichsee bei Pfäffikon SZ die Ausweise seiner Gäste filmt und registriert. Oft werden gar Fichen mit sämtlichen Spielzügen und Einsätzen angelegt und analysiert. Die Betreiber rechtfertigen das Überwachungsregime vor allem damit, es diene der «Verhinderung und Bekämpfung von Spielsucht und Geldwäscherei». Ob dabei alles mit rechten Dingen zugeht, will nun die Eidgenössische Spielbankenkommission abklären.

Nun erhalten die Bundes-Kontrolleure neue Munition. SonntagsBlick liegen interne Dokumente vor, die starke Zweifel an der Behauptung der Casino-Betreiber aufkommen lassen. Sie zeigen, dass süchtige Spieler ziemlich ungehindert im Casino ein- und ausgehen.
500 000 Franken Verlust Renato S.* besuchte von Januar bis Dezember 2006 im Schnitt jeden zweiten Tag das Casino Zürichsee. Das interne Dokument listet 154 Besuche auf, bei denen Renato S. 460 890 Franken verlor. Aus dem Umfeld des Spielers heisst es, dass Casino-Angestellte ihn auf seine vielen Besuche und Verluste angesprochen hätten. Aber nichts ist passiert. Die Sperre gefordert hat dann seine Frau. Weitere Dokumente belegen, dass sogar gesperrte Spieler die Eingangskontrolle problemlos passieren können.

Gang zum Bancomaten

Der seit Ende 2001 gesperrte, süchtige Spieler Radomir T.* (35) wies sich stets per Führerausweis aus. Obwohl er im elektronischen Datenregister als gesperrt eingetragen ist, bekam er Zutritt zum Casino. Auszug aus dem Protokoll der Überwachungsabteilung: «Frau Berta S.* hat den Gast empfangen, eingecheckt und dann reingelassen.» Weiter ist dem Protokoll zu entnehmen, dass Radomir T. an diesem Abend zwischen 2000 und 3000 Franken verlor. Dreimal verliess er das Casino, um am Bancomaten Geld abzuheben. Jedes Mal passierte er danach problemlos die Eingangskontrolle.

Zehnmal ein und aus

Der «High Roller» Viet H.* – High Roller sind Spieler, die regelmässig mit hohen Einsätzen antreten – ist seit 2003 gesperrt. Auch er passierte die Eingangskontrolle des Casinos Zürichsee problemlos. Nicht einmal, sondern zehnmal laut internem Protokoll. 7265 Franken verliert der süchtige Spieler Viet H. beim Zocken. SonntagsBlick liegen weitere Protokolle über Spieler vor, die trotz Sperre im Casino ein- und ausgingen. Thomas W.*, der beste Kontakte zu hohen Casino-Funktionären pflegt und die hier beschriebenen Spielsüchtigen persönlich kennt, sagt dazu: «Das beweist, dass die Sozialkonzepte zur Verhinderung der Spielsucht so löchrig wie Emmentaler Käse sind.» Casino-Zürichsee-Direktor Daniel Vogt entgegnet: «Das stimmt nicht. Wir haben kein Interesse, gesperrte Spieler in das Casino reinzulassen. Letztes Jahr haben wir über 200 Spieler gesperrt. Seit Eröffnung vor fünf Jahren waren es über 1100.»

* Alle Namen geändert

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Spielsucht
Bis Ende 2006* waren rund 16700 Spielsüchtige für eines oder mehrere Schweizer Casinos gesperrt. Grösstenteils nicht von den Spielstätten (ca. 33 Prozent), sondern vom eigenen Umfeld (ca. 55 Prozent). Spielsüchtige verheimlichen ihre Sucht, belügen ihre Familie und Freunde. Viele rutschen in die Illegalität, um Geld für ihre Spielsucht zu bekommen. Die geschätzte Zahl der Süchtigen in der Schweiz liegt zwischen 35000 und 50000.
* Zahlen für das Jahr 2007 liegen noch nicht vor
Bis Ende 2006* waren rund 16700 Spielsüchtige für eines oder mehrere Schweizer Casinos gesperrt. Grösstenteils nicht von den Spielstätten (ca. 33 Prozent), sondern vom eigenen Umfeld (ca. 55 Prozent). Spielsüchtige verheimlichen ihre Sucht, belügen ihre Familie und Freunde. Viele rutschen in die Illegalität, um Geld für ihre Spielsucht zu bekommen. Die geschätzte Zahl der Süchtigen in der Schweiz liegt zwischen 35000 und 50000.
* Zahlen für das Jahr 2007 liegen noch nicht vor
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In der Schweiz würden Casinos aufgrund der sozialen Probleme bald wieder abgeschafft, meint Spielsucht-Experte Mario Gmür.

Lesen Sie das komplette Interview im SonntagsBlick vom 6. Januar 2008.
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