Ein Blick auf die einschlägigen Plattformen zeigt: Die Wut ist gross. In manchen Kreisen gärt die Verbitterung über die Corona-Massnahmen und jene Politiker, die sie beschliessen und durchsetzen. Vergleiche von Bundesräten mit Diktatoren gehören da noch zu den harmlosen Einträgen.
Eine ganz andere Qualität haben die Drohungen gegen Amtsträger. Diese haben zugenommen. 885 Meldungen von Politikern und Bundesbeamten gingen allein im Jahr 2020 beim Bundesamt für Polizei (Fedpol) ein. In 64 Fällen spricht die Polizei von tatsächlichen Drohungen oder Fremdgefährdungen. Im vergangenen Jahr ergab eine Umfrage von SonntagsBlick, dass beinahe jedes dritte Mitglied des eidgenössischen Parlaments mindestens einmal die Behörden eingeschaltet hat. Viel Arbeit für die Beamten.
Es braucht mehr Personal
Beim Fedpol hat der Bundessicherheitsdienst (BSD) die Aufgabe, Politiker und Gebäude wie etwa für das Parlament oder Einrichtungen der Bundesverwaltung zu schützen. Zur Bewältigung dieses Auftrages greift der BSD schon länger auf die Hilfe privater Sicherheitsfirmen zurück, 2017 schloss der Bund einen Vertrag mit der Firma Securitas ab. Anfang Woche hat das Fedpol den Kontrakt erneuert und ausgebaut. Denn der Bedarf an Sicherheitspersonal ist im Zuge der Pandemie grösser geworden. «Wir gehen aktuell von einem eher steigenden Bedarf für die Vierjahresperiode 2022–2025 aus», schreibt das Fedpol auf Anfrage. Die aktuelle Bedrohungslage fliesst in diese Überlegung ein.
Angesichts der angespannten Situation wurde das Engagement der Firma aufgestockt. 6600 Arbeitsstunden pro Jahr sind künftig vorgesehen, bei Bedarf um weitere 1000 Einsatzstunden ergänzt. Bislang rechnete das Fedpol jährlich mit 4700 bis 5500 Einsatzstunden für die Securitas-Mitarbeiter. Die Kosten für die kommenden vier Jahre steigen von 1,1 auf 1,9 Millionen Franken.
Auf der elektronischen Beschaffungsplattform Simap beschreibt der Bund die Aufgaben privater Hilfskräfte. Darunter fallen Personen- und Gepäckkontrollen, das Überwachen der Sicherheitsanlagen, Patrouillengänge, aber auch das «Ergreifen von Sofortmassnahmen bei ausserordentlichen Ereignissen und Gefahrensituationen».
Das Fedpol kann sich heikleren Aufgaben widmen
Für die Erfüllung der ordentlichen Grundaufträge reiche das Fedpol-Personal aus, betont das Bundesamt auf Anfrage. Aber die Unterstützung durch private Sicherheitsunternehmen «erlaubt uns beim Einsatz von personellen Ressourcen eine Flexibilität, die je nach Situation für die Erfüllung unserer Schutzaufgaben zentral ist». Mit anderen Worten: Der vermehrte Einsatz von Securitas-Leuten macht Fedpol-Beamte frei für heiklere Aufgaben. Insbesondere während der Session und bei bestimmten Ereignissen – das Fedpol nennt zum Beispiel Demonstrationen oder die aussergewöhnliche Sommersession 2020 im Gebäude der Bernexpo – greife man daher auf Mitarbeiter privater Sicherheitsunternehmen zurück. Deren Einsätze erfolgten ausnahmslos unbewaffnet.
Private Sicherheitsleute gehören in der Bundesverwaltung längst zum Alltag. Der Bedarf aber variiert von Departement zu Departement stark, die Kosten gehen in die Millionen. Das Staatssekretariat für Migration (SEM), das wie das Fedpol zum Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) gehört, hat private Anbieter mit dem Betrieb der Bundesasylzentren beauftragt. Das Departement beziffert die jährlichen Ausgaben hierfür mit durchschnittlich 65 Millionen Franken. Daneben nimmt sich das Engagement zum Betrieb der Loge des Departements mit 110'000 Franken gering aus.
Auch das Verteidigungsdepartement (VBS) greift in grossem Stil auf Sicherheitsunternehmen zurück. Überwies das VBS den Firmen 2016 noch knapp vier Millionen Franken, waren es 2020 bereits 5,9 Millionen. Berappt wird damit unter anderem der Sicherheitsdienst der grossen Logistikbasis der Armee in Thun BE.
Total zahlte der Bund im vergangenen Jahr verschiedenen Anbietern über 72 Millionen Franken. Tendenz steigend.