Es dürfte der herzigste blinde Passagier des Jahres sein: Die Mutter von Karin Schellenberg fand mitten in Zürich unter ihrer Motorhaube tatsächlich ein Murmeltier. «Meine Mama war vor fast zwei Wochen an den Mythen wandern – da muss sich das Tierchen wohl ins Auto geschlichen haben«, vermutet die Tochter. «Sie bekam einen Riesenschreck, als sie Öl nachfüllen wollte – und plötzlich das Fellknäuel im Motorraum sah.»
Die Frau schlug die Motorhaube zu. Und fuhr fast 70 Kilometer nach Fulenbach SO, in der Annahme, dass sich das unbekannte Tier aus dem Staub gemacht hat. Fehlanzeige! «Als wir die Motorhaube öffneten, sahen wir, dass es sich tatsächlich um ein Murmeltier handelt.» Mutter und Tochter alarmierten gemeinsam die Polizei. «Dort schien man uns aber nicht zu glauben.» Trotzdem sind drei Beamte ausgerückt. «Die haben das Tier mit Besen und einer Schachtel eingefangen. Einer der Polizisten stammt übrigens aus dem Bündnerland.»
Abgemagert aber quicklebendig
Unglaublich: Das Murmeli sei zwar abgemagert, hat die fast zwei Wochen im Motor ansonsten aber offenbar unbeschadet überstanden. «Unser Tierhüter kennt sich mit Murmeltieren nicht so aus, darum haben wir beim Zoo Zürich angerufen.» Der Tipp des Tierparks: Das Murmeli in einem Zimmer freilassen – und füttern.
Beim Zoo Zürich bestätigt man: «Ja, das ist wirklich ein Murmeltier», so Zoologe Robert Zingg. Die Vermutung des Experten: «Vielleicht hat das Tier eine Höhle gesucht – und traute sich nicht mehr heraus, als der Motor lief.«
Am Abend kommt dann der Tierhüter vorbei. Karin Schellenberg: «Wenn man das Murmeli nicht mehr auswildern kann, behalten wir es. Auf jeden Fall lassen wir nicht zu, dass es getötet wird.» Die Murmeli-Chauffeuse lacht: «Die Kinder wollen es sowieso behalten!» (sac)