Bizarrer Kirchen-Kult
Abtrünnige Sekte mit Schweizer Papst setzt auf eigene Regeln

Im andalusischen Dorf Palmar de Troya hat sich eine radikale Sekte von der katholischen Kirche abgespalten. Ihr selbsternannter Papst ist Schweizer, residiert in einer prunkvollen Kathedrale und hält sich für das einzige legitime Oberhaupt der Weltkirche.
Publiziert: 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 18:32 Uhr
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Neben der römisch-katholischen Kirche gibt es zahlreiche andere Religionen und Abspaltungen der Kirche.
Foto: IMAGO/Achille Abboud

Darum gehts

  • Palmarianisch-katholische Kirche: Abspaltung mit eigenem Papst und selbstverfasster Bibel
  • Schweizer Joseph Odermatt amtiert seit 2016 als Papst Petrus III.
  • Mitgliederzahl sank von über 10'000 auf schätzungsweise unter 1000
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Angela RosserJournalistin News

Die palmarianisch-katholische Kirche, eine der bizarrsten Abspaltungen der katholischen Geschichte, hat ihren Sitz am Rande des spanischen Dorfes Palmar de Troya und wurde 1968 aufgrund angeblicher Erscheinungen der Jungfrau Maria gegründet. Die Glaubensgemeinschaft, die sich von der Aussenwelt abschottet, verfügt über eine selbst verfasste Bibel und einen eigenen Papst, der eigenständig seinen Nachfolger wählt.

Seit 2016 amtet der Schweizer Joseph Odermatt aus Stans NW unter dem Namen Petrus III. als ihr Oberhaupt. Bereits 1983 reagierte die römisch-katholische Kirche mit der Exkommunikation auf Domínguez y Gómez, der sich eigenmächtig zum Papst ernannte, und dessen Anhängerschaft, wie T-Online berichtet.

Sehr konservative Werte

«Die Kirche wurde gegründet, weil die Anhänger der Meinung waren, dass sich die katholische Kirche ‹nicht mehr auf dem richtigen Weg› befindet», erklärt Religionsexperte und Leiter der Informationsstelle relinfo.ch Georg Schmid. Deshalb habe sich der Gründer zum Papst ernannt. «Aus Sicht der katholischen Kirche ist die Abspaltung aber nicht anerkannt», sagt er im Gespräch mit Blick.

Die «Blütezeit» hatte die Kirche in den 70er- und 80er-Jahren, wo es auch in der Schweiz zahlreiche Leute gab, die sich der Gemeinschaft zugehörig fühlten, so Schmid. Mittlerweile fänden sich in der Schweiz aber nur noch wenige Vertreter – «und das trotz Schweizer Papst». Die Gläubigen vertreten sehr konservative Werte – keine Zeitung, kein Radio, kein Fernsehen. «Informationen von ausserhalb werden kritisch gesehen», bringt es Schmid auf den Punkt. So sei der Kreis «sehr abgeschottet».

«Nicht so gefährlich wie andere Sekten»

Die Kirche könne man durchaus als Sekte einordnen, meint Schmid. «Seit 2011 kassiert sie von ihren Mitgliedern 10 Prozent des Einkommens ein, und es wird geraten, dass man Liegenschaften vor seinem Tod verkauft und das Geld der Kirche spendet. Sie sind also einer Sekte auch in Sachen Finanzen sehr ähnlich», sagt er.

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Man könne aber nicht sagen, dass sie so gefährlich sei wie andere Sekten, betont er. «Wenn sie stark wachsen würde, müsste man aber ein Auge drauf haben», sagt Schmid ergänzend. Je mehr typische Merkmale einer Sekte eine Gemeinschaft erfüllt, desto problematischer ist sie, erklärt der Experte: «Wichtigstes Kriterium ist eine Führung, die nicht hinterfragt werden kann. Wo alle die genau gleiche Meinung vertreten, ist Vorsicht angebracht.»

Schrumpfende Gemeinschaft

Dieser Punkt ist bei der palmarianischen-katholischen Kirche durch den «unfehlbaren Papst» gegeben. Hinzu kommen der Glaube, die allein wahre Kirche zu sein, die finanziellen Forderungen an die Anhänger und strenge Regeln – zum Beispiel, dass Frauen Röcke tragen und im Gottesdienst einen Schleier aufsetzen müssen. «Viele Sekten möchten die Gesellschaft umgestalten, was hier jedoch nicht möglich ist, weil die Gemeinschaft so klein ist und immer weiter schrumpft», so Schmid.

Im 20. Jahrhundert fand die Kirche neue Mitglieder, indem sie die Menschen ansprach, die mit der katholischen Kirche unzufrieden waren und sich abgrenzen wollten. «Heute besetzen andere Gemeinschaften diese Nische», sagt Schmid und verweist auf die extrem konservativen «Neuchristen» unter dem Schweizer «Schwert-Bischof» Nikolaus Schneider. Früher umfasste die Kirche in Palmar de Troya noch über 10'000 Mitglieder. Bereits 2011 waren es nur noch 1000 bis 1500. Religionsexperte Georg Schmid geht davon aus, dass diese Zahl in der Zwischenzeit noch weiter gesunken ist.

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