Besitzer von Ferienhäusern wollen sich nicht mehr abzocken lassen
Feuer im Zweitwohnungs-Dach

Die Tourismus-Regionen haben neue Steuern, Gebühren und Abgaben erfunden für die Besitzer von Zweitwohnungen. Diese fühlen sich abgezockt und setzen sich nun zur Wehr.
Publiziert: 25.04.2016 um 21:30 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 17:25 Uhr
Zweitwohnungsbesitzer: Reto Fehr, Jürg Sollberger, André Gossauer und Heinrich Summermatter (v. l.) ärgern sich.
Foto: Peter Gerber
Michael Sahli

Die Schweizer Zweitwohnungsbesitzer sind sauer. Denn: Sie fühlen sich abgezockt. «Wir sind Freiwild», klagt Heinrich Summermatter (69). Der Berner ist Präsident des Dachverbandes Allianz Zweitwohnungen Schweiz. Rund 10'000 Zweitwohnungsbesitzer hätten sich alleine seit 2012 organisiert – Tendenz steigend: «Die Zweitwohnungs-Abstimmung war der Startschuss für die Kultur der Selbstbedienung in vielen Gemeinden», so Summermatter.

«In der Surselva wurde die Kurtaxe von 450 auf bis zu über 1800 Franken pro Jahr erhöht», stöhnt der Zürcher Reto Fehr (53), Präsident der IG Zweitwohnung Flims/Laax/Falera GR. Mehrere Hundert Einsprachen seien im Bündnerland hängig. Im Kanton Wallis gelte seit Januar 2016 ein neues Tourismusgesetz, das zusätzliche Taxen erlaube. Und im Kanton Bern legte das Kantonsparlament das Fundament für eine Zweitwohnungssteuer: «Wir überlegen, ob wir das Referendum ergreifen wollen», so Summermatter.

Schmerzgrenze wurde überschritten

Die Unterländer geben sich wehrhaft: «Unsere Mitglieder haben schon etwa eine Viertelmillion Franken für Rechtsstreitigkeiten und Einsprachen investiert», so Summermatter. Auch Jürg Sollberger vom Verein Stammgäste Adelboden ist wütend: «Es wurde eine Schmerzgrenze überschritten!» Insgesamt zahlen die Teilzeitbergler jeweils über 10'000 Franken pro Jahr für ihre Chalets, so der 75-Jährige.

Die Zweitwohnungsbesitzer wehren sich zunehmend erfolgreich: Das Bundesgericht schickte vor einigen Wochen eine Zusatzsteuer für Auswärtige im Kanton Obwalden bachab. In Silvaplana GR gab es zwar grünes Licht für eine Zweitwohnungssteuer, doch der politische Druck der Hausbesitzer war zu gross. Die Gemeinde krebste schliesslich zurück.

Zweitwohnungsbesitzer sind beliebte Opfer. Ihr Image ist im Keller. Der Begriff kalte Betten gilt als Schimpfwort. Und: Am Hungertuch nagen die wenigsten Hausbesitzer. Ist der Dachverband also ein Sammelbecken von reichen, unzufriedenen Unterländern? «Wir sind nicht einfach irgendwelche Reiche aus der Grossstadt», erwidert Jürg Sollberger. Man habe für die Häuschen jahrelang gearbeitet, sehe sich als Mittelständler. Dazu kommt: «Die Gemeinden beklagen sinkende Tourismuszahlen – und greifen gleichzeitig die treusten Kunden an.»

Vera Weber vom Komitee der Zweitwohnungs-Initiative kann ob der Kritik nur den Kopf schütteln: «Die Gemeinde Grindelwald zum Beispiel mit etwa 3800 Einwohnern muss für die Spitzenauslastung in der Hochsaison die Infrastruktur einer Kleinstadt mit 25'000 Einwohnern betreiben. Dass die Mehrkosten auf die Zweitwohnungsbesitzer überwälzt werden, entspricht dem Verursacherprinzip.»

Reto Fehr aus dem Bündnerland bleibt aber dabei: «In einigen Gemeinden herrscht fast Krieg. Manche Wohnungs­besitzer wollen schon die lokalen Geschäfte boykottieren. Dabei sollte man doch besser mit- als gegeneinander arbeiten.»

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