Igor L.* (29) will raus aus dem Psycho-Knast. Der «Schläger von Schüpfen» wehrt sich gegen eine erneute Verlängerung der stationären Massnahme, die 2011 gegen ihn verhängt wurde. Seit heute Mittwochmorgen hat das Verwaltungsgericht in Bern darüber beraten, ob dem Antrag stattgegeben werden soll. Nun ist das Urteil gefällt: Die Massnahme wird um drei Jahre verlängert – und zwar rückwirkend auf den Juni 2016. «Terror-Igor» bleib damit bis Juni 2019 in der psychiatrischen Vollzugsklinik Rheinau ZH.
«Ich lehne nur Tanz- und Bewegungstherapien ab»
Igor L. gab sich heute lammfromm: «Ich bin etwas nervös», beantwortete er eine Frage der Richterin. «Ich mache aber alles mit in der Rheinau. Die Motivation ist da. Ich lehne nur Tanz- und Bewegungstherapien ab. Aber das darf man.»
Das Klima in der Rheinau sei komplett anders als im Knast: «Man begegnet sich menschlich, es gibt keine aggressive Grundstimmung.» Er nehme jeden Tag ein Medikament ein, sagte er. «Ich habe keine Nebenwirkungen.»
Das Gericht befragte zwei Gutachter. Sie stellten Igor L. eine gute Prognose. «Er ist stabil. Eine akute Symptomatik einer schizophrenen Störung gibt es nicht mehr», sagte einer der Experten. «Eine schizophrene Störung lässt sich aber schlecht heilen.»
Er will Tätowierer werden
Igor L. hat Zukunftspläne. «Ich möchte gern Tätowierer werden», sagte er auf die Frage eines Richters. «Ich zeichne gern. Vielleicht arbeite ich nach meiner Entlassung zuerst mit einer IV-Rente in einer geschützten Werkstatt.»
Vor etwa zehn Jahren hatte Igor L. angefangen, mit Freunden im Dorf Schüpfen BE herumzulungern. Die Jugendlichen suchten immer wieder Streit, es kam zu Sachbeschädigungen und Schlägereien.
Auf Bewährung Wirt verprügelt
Igor L. wurde ein erstes Mal verurteilt. Noch auf Bewährung, schlug er im August 2010 den Wirt eines örtlichen Gasthauses mit einem schweren Metallaschenbecher nieder. Der Wirt erlitt Verletzungen am Kopf.
Das erstinstanzliche Gericht verurteilte den Täter zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten, das Obergericht erhöhte später auf 14 Monate. Der psychisch angeschlagene Mann wurde nach Artikel 59 des Strafgesetzbuches verurteilt und die Freiheitsstrafe zugunsten einer Therapiemassnahme aufgeschoben.
Verfahren gegen die Schweiz
Aktuell läuft am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg (F) im Fall des «Schlägers von Schüpfen» ein Verfahren gegen die Schweiz. Die Behörden hätten mit dem langen Warten auf eine Therapie in einem ungeeigneten Setting gegen die Menschenrechtskonvention verstossen.
Die Entscheidung über eine Verlängerung der stationären Massnahme soll noch heute fallen.
* Name der Redaktion bekannt