Wegen seiner geistigen Behinderung
Mann mit IQ 51 missbraucht Bub – und kommt trotz Rückfallgefahr frei!

Ein junger Mann verging sich im Kanton Bern an einem Kind. Vor Gericht wurde der Angeklagte jetzt aber freigesprochen. Trotz hoher Rückfallgefahr. Er ist geistig behindert und deshalb nicht therapierbar – aber auch nicht schuldfähig.
Publiziert: 06.12.2019 um 15:16 Uhr
|
Aktualisiert: 06.12.2019 um 15:25 Uhr
Teilen
Anhören
Kommentieren
1/2
Ein Mann (20) stand im Kanton Bern wegen sexueller Handlungen mit ein Buben (10) vor Gericht. Wegen seiner geistigen Behinderung ist er aber nicht schuldfähig. Symbolbild)
Foto: Keystone

Was als Doktorspiel begann, endete für einen 20-jährigen Mann am Donnerstag als Prozess vor dem Regionalgericht Emmental-Oberaargau BE. Die Staatsanwaltschaft warf ihm sexuelle Handlungen mit einem Kind (10) vor.

Laut Anklageschrift hatte er den betroffenen Buben mehrfach gezwungen die Hosen runter zu lassen. Er soll ihm dabei an den Penis gegriffen haben und forderte ihn auf, bei ihm das gleiche zu tun.

Der Mann gibt alles zu. Es habe ihn «einfach gluschtet», teilte er vor Gericht mit. Verurteilt wurde er nicht – trotz Bedenken der Behörden. Der Grund: Wegen seiner geistigen Behinderung ist er nicht schuldfähig.

Hohe bis sehr hohe Rückfallgefahr

Das Urteil überrascht. Denn laut der «Berner Zeitung» wird in einem Gutachten sogar von einer hohen bis sehr hohen Rückfallgefahr ausgegangen – therapierbar ist der Mann auch nicht. Und: Er habe gewusst oder zumindest geahnt, dass seine Tat falsch war, sagt Gerichtspräsident Michael Ehrismann.

Es sei dem 20-Jährigen unmöglich gewesen, sein Verhalten zu steuern. Der Grund dafür seien seine schweren psychischen Störungen. In einem solchen Fall wäre laut Erismann eigentlich eine Verwahrung die einzige Lösung. Diese komme aber nicht in Frage, weil die Doktorspiele ein zu wenig schlimmes Vergehen darstellen. «Sie müssen sehr, sehr vorsichtig sein», ermahnte Ehrismann den Freigesprochenen am Schluss der Verhandlung bloss. «In einem anderen Fall könnte es für Sie wirklich böse herauskommen.»

Momentan lebt der Mann in einer psychosozialen Wohngemeinschaft im Kanton Solothurn. Wie es mit ihm weitergeht, ist unklar. Möglicherweise findet nun die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) einen Weg, ihm zu helfen. Zumindest wurde das in Aussicht gestellt. Klar ist nur: Die Verfahrenskosten von 17'000 Franken, sowie die Auslagen für den Verteidiger, muss der Kanton übernehmen.

Schwere Kindheit und IQ 51

Bereits vom Tag seiner Geburt an litt der geistig Behinderte an Entzugserscheinungen – seine Mutter war alkoholkrank und drogenabhängig. Sein Gehirn war dadurch massiv geschädigt worden, ein IQ von 51 Punkten war die Folge. Seine Kinder- und Jugendzeit verbrachte er in Heimen und bei Ersatzfamilien, seine Eltern konnten sich nie um ihn kümmern.

Zur Zeit der Tat lebte der Angeklagte als Pflegesohn bei einer Familie im Oberen Emmental. Im Keller des Hauses kam es zu dann zu den sexuellen Übergriffen – mit dem leiblichen Sohn der Familie. (bra)

Teilen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?