Die Frau (26) aus Pakistan besucht die Rodelbahn gestern mit ihrem Mann und ihrem Sohn (6). Alle drei werden von Mitarbeitern instruiert, wie sie sich zu verhalten haben: bremsen, Gas geben, nicht aussteigen. Der Vater und der Bub rodeln vor der 26-Jährigen das Tal herunter. Sie fährt etwas später los – aber kommt nie im Ziel an. Ihr Wagen steht leer auf der Bahn, sie ist verschwunden. Später findet ein Angestellter die schwerverletzte Frau. Die Rega kann aber nur noch ihren toten Körper bergen.
Was ist hier passiert? Wurde die Frau während der Fahrt herausgeschleudert? Oder kriegte sie es mit der Angst zu tun, wollte sie auf sicherem Boden nach unten laufen?
«Auffahrunfälle ja, Verletzte nie!»
«Ich fühle mich auch heute sehr schlecht», sagt David Tschanz, Geschäftsführer der Heimwehfluh-Rodelbahn, gegenüber Blick.ch. «So etwas war nicht voraussehbar. Und so etwas ist in den neun Jahren, die die Bahn in Betrieb ist, auch noch nie passiert.» Sicher habe es einige Auffahrunfälle gegeben, aber nie Verletzte. «Das waren immer nur Schreckensmomente für die Fahrer.»
Dass die 26-Jährige Touristin aus Pakistan aus der Bahn geschleudert wurde, ist für Tschanz «völlig unmöglich». Zum einen wird bei der Spitzengeschwindigkeit von 38 Stundenkilometer eine automatische Bremse aktiviert. 16 Rollen verhinderten zudem, dass der Wagen entgleisen könne. Dieser sei intakt unten angekommen, und auch der Beckengürtel – «ein Gürtel, wie im Flugzeug verwendet wird» – sei unbeschädigt gewesen.
Letzte Worte: «Bin halt eine Langsame»
Tschanz schildert den Start der Frau, die wenig später starb. «Sie rodelte ganz langsam los. Zuvor hatte der Bediener sie wie alle anderen auch, über Fahrverhalten, Bremse und Gasgeben instruiert. Nach 50 Metern drehte sie sich um und rief dem Bediener zu, sie sei halt eine Langsame.»
100 Meter weiter passierte dann der tödliche Unfall. «Selbst wenn es technisch möglich wäre, kann sie nicht herausgeschleudert worden sein. Dafür war sie nach 150 Metern viel zu langsam unterwegs», sagt Tschanz.
Aussteigen strengstens verboten
Tschanz ist sicher: «Die Frau muss auf der Bahn ausgestiegen sein.» Und betont: «Ein grosses Schild oben untersagt das Aussteigen.» Und wenn jemand Angst bekommt mitten auf der Strecke und nicht mehr weiterfahren will? «Wenn jemand auf der Bahn stehen bleibt, gehen wir schauen, was los ist», sagt Tschanz. «Das macht die Videoüberwachung im Ziel möglich. Die Frau hätte nie aussteigen dürfen, sondern sich an die Weisungen halten müssen.»
In dem felsigen Gelände geht es ganz steil abwärts. «Sie trug ein langes Kleid und feine Sommerschuhe. Keine Ausrüstung für so ein Gelände.»
Mit Unbehagen denkt David Tschanz an den Moment, als die Rega die tote Frau barg. «Ihr Mann und der kleine Sohn warteten unten ahnungslos. Beide waren vor ihr mit der Bahn gefahren. Als das Care-Team mit dem Mann geredet hat, war das ein schrecklicher Moment. Vor allem, weil auch das kleine Kind daneben stand.»
Geändert wird nichts
Tschanz ist froh, wenn die Ursache für das Todesdrama bald geklärt wird. «Wir wollen uns nicht rausschwatzen. Wir wollen aus dem Drama lernen.»
Derzeit sieht er aber keinen Bedarf, etwas an seiner Rodelbahn Heimwehfluh zu ändern. Auch Ausweichwege anzulegen, die einen zu Fuss ins Tal führen, kommt für Tschanz nicht in Frage. «Das ladet die Leute ja regelrecht zum Aussteigen ein. Und das ist viel zu gefährlich.»
Die Rodelbahn war vor zwei Jahren bereits ein Thema. Damals hatte der «Beobachter» auf sicherheitstechnische Mängel hingewiesen, da die Fahrer nur mit Beckengurten gesichert seien.
Die Polizei hat die Vermutungen von Rodelbahn-Chefs Tschanz zum Unfallhergang bisher nicht bestätigt. Die Ermittlungen laufen.