Diese Bauern werden die Knolle einfach nicht los. Eine Familie aus dem Seeland, die Knoblauch produziert und verkauft, sitzt auf satten 5000 Kilogramm Restposten fest.
Jetzt hat die Familie Angst, dass der Knobli vergammelt. Und hat sich Hilfe beim Berner Gemüsehändler Simon Weidmann (34) geholt. Er setzt sich mit seinem Unternehmen gegen Foodwaste ein und ist daher Experte bei der Verwertung von übrig gebliebenen Nahrungsmitteln.
Er erklärt: Beim grossen Restposten des Seeländer Knobli-Bauern handle es sich um Ware der Ernte 2020. «Der Grossteil wird nicht gleich verkauft, sondern zunächst getrocknet», so Weidmann zu Blick. Normalerweise werde er dann portionenweise an die Händler verkauft.
Restposten 2020 grösser als in anderen Jahren
Der Seeländer Produzent habe ihm erzählt, mehrere Tausend Kilo nicht verkäuflicher Knoblauch seien die Realität in jedem Jahr, berichtet Weidmann. Der Restposten vom 2020 sei jedoch etwas grösser als sonst. Die Bedingungen beim Ernten und Trocknen seien letztes Jahr eher schwierig gewesen. «Juni und Juli waren nass und kalt.»
Nun interessiert sich kein Händler für den grossen Restposten der Seeländer Familie. «Der Handel hat die einwandfreien Produkte abgelehnt. Sie sind nicht schön genug, zu gross, zu klein, die Farbe der äusseren Haut ist nicht genügend weiss», so Weidmann.
Leute im Laden sind sich andere Ästhetik gewohnt
Die Händler hätten strenge Auflagen bezüglich Grösse, Farbe und Beschaffenheit des köstlichen Lauch-Gewächses, erklärt Weidmann. Beispiel: «Der Knobli muss durch die Haut verdeckt sein, so dass man die einzelnen Zehen nicht sieht.» Die Qualität leide aber nicht, wenn die Haut offen sei. «Aber die Leute im Laden sind sich eine andere Ästhetik gewohnt. Eben geschlossenen Knoblauch.»
Nun kommt Weidmanns Heil: Der Gemüsehändler hat für die Berner Bauern einen Knoblauch-Päckli-Versand organisiert. «Die Leute bestellen online, wir liefern per Post den Restposten-Knobli.» Eine kleine Marge falle für seine Firma ab, der Rest gehe an die Seeländer Familie, sagt Weidmann.
Aber der Vertrieb harzt: «Bis jetzt konnten wir nur 100 Kilogramm verkaufen. Dies innert zwei Wochen. Die Zeit drängt. Die Lagersaison neigt sich dem Ende zu. Bald ist der Knobli vergammelt.»
Weidmann appelliert an Händler
Weidmanns Appell: «Der Knobli der Familie ist qualitativ einwandfrei. Vielleicht gibt es Händler in der Schweiz, denen die Qualität wichtiger ist als die Ästhetik – und diesen Knobli kaufen wollen!»
Weidmann weiss, wovon er spricht: «Das Gemüse und die Früchte, die wir in unserem Betrieb in Bern vertreiben, sind qualitativ tiptop.» Nur: «Sie entsprechen nicht den äusseren ästhetischen Vorgaben und schaffen es daher nicht in den normalen Handel.»
Der Gemüseexperte nennt Beispiele: «Ein krummes Rüebli, ein zu grosser Sellerie oder ein Apfel, der zu wenig rot ist. Doch deswegen sind doch diese Produkte nicht weniger fein.»