Patient blitzt vor Gericht ab
Berner Spital hat Zeuge Jehovas zu Recht nicht operiert

Weil er eine mögliche Bluttransfusion verweigerte, geriet ein Zeuge Jehovas mit einem Berner Spital in einen Streit. Das Obergericht stellte sich nun auf die Seite des Krankenhauses.
Publiziert: 30.06.2017 um 16:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 05:16 Uhr
Das Berner Obergericht musste in einem Streit zwischen einem Spital und einem Zeugen Jehovas urteilen.
Foto: Keystone

Alles beginnt im September vor zwei Jahren und der geplanten Operation einer Diskushernie in einem Berner Spital. Im Vorfeld des Eingriffs sollte der Patient – ein Mitglied der Glaubensgemeinschaft Zeugen Jehovas – eine Einverständniserklärung unterzeichnen, die im Notfall eine Bluttransfusion erlauben würde. Der Mann verweigerte die Unterschrift unter das Dokument, wie die «Berner Zeitung» berichtet.

Denn Zeugen Jehovas ist es verboten, Bluttransfusionen zu akzeptieren. Auf ihrer Homepage berufen sie sich auf Bibelstellen wie diese: «Sei nur fest entschlossen, nicht das Blut zu essen, denn das Blut ist die Seele, und du sollst nicht die Seele mit dem Fleisch essen.» 

Für das Spital war die OP ohne diese Einwilligung des Patienten ein zu grosses Risiko. Man sei nicht bereit, «eine Patientin oder einen Patienten verbluten zu lassen». Das wiederum stiess beim zu behandelnden Mann auf Unverständnis. Seiner Meinung nach wäre eine Bluttransfusion gar nie ein Thema gewesen, wenn er nicht erwähnt hätte, dass er ein Zeuge Jehovas sei. So aber habe ihn das Spital mit der Einverständniserklärung in eine Notsituation gebracht.

Der Mann soll auch seinen Tod in Kauf genommen haben

Die Operation fand in einer anderen Einrichtung statt. Doch der Konflikt zwischen dem Spital und dem Zeugen Jehovas war damit noch nicht beendet. Wegen der unterschiedlichen Auffassung erstattete der Mann Anzeige. Die Vorwürfe lauteten unter anderem versuchte Nötigung, Widerhandlung gegen das Spitalversorgungsgesetz und Rassendiskriminierung.

Nun hat das Berner Obergericht ein Leiturteil gefällt – und den Zeugen Jehovas abblitzen lassen. Ein Listenspital habe zwar grundsätzlich die Pflicht, Patienten zu behandeln. Doch mit seinen geforderten Einschränkungen habe der Mann bei Komplikationen auch seinen Tod in Kauf genommen. Das jedoch widerspricht der Berufsethik von Ärzten. Auch die weiteren Vorwürfe der Diskriminierung und der Nötigung erachtete das Gericht als haltlos.

Zudem, fügten die Richter an, sei der ganze Fall sowieso theoretischer Natur, da der Patient am Ende ja operiert worden und die streitbare Leistung somit vollumfänglich erbracht worden sei. (cat)

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