Auch Wochen nach der Beissattacke musste Johan* (5) aus Corgémont BE noch einen Verband tragen. Die Zähne des ausgebildeten Polizeihundes hatten sich tief in das Fleisch des Jungens eingegraben. «Die Wunden müssen immer noch regelmässig gepflegt werden», sagte seine Mutter Alicia G.* (39) vor etwa zwei Wochen im Gespräch mit BLICK. Den ersten Schock hatte sie zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht richtig verdaut. Die Kinder alleine draussen spielen zu lassen, kam für die Vierfach-Mama seither nicht mehr infrage.
Als der Angriff passierte, war die 39-Jährige nämlich gerade oben in der Wohnung. Ihr Fünfjähriger spielte derweil zusammen mit seinem grossen Bruder zwischen Büschen und der Hausmauer des Mehrfamilienhauses am Boden. Mit einem Spielzeugbagger wühlte er friedlich in der Erde herum. «Plötzlich hörte ich Schreie und einen Hund. Ich wusste sofort, dass es mein Kind war», erinnert sich Alicia G. Sie habe vor Schreck selbst aufgeschrien und sei die Treppe runtergerannt: «Ich habe nicht gewusst, ob Johan noch am Leben ist.»
Beiss-Malinois ist tot!
Johan habe viel Glück gehabt, so die Mutter damals: «Es hätte auch anders ausgehen können.» Deswegen forderte sie: «Der Hund sollte eingeschläfert werden!» Auch der Vater einer einjährigen Tochter aus der Nachbarschaft fürchtete um das Leben seines Kindes: «Wir alle haben Angst. Der Hund muss weg!» Die ersten Wochen aber passierte nichts.
Heute die für die Anwohner wohl erlösende Nachricht der Kantonspolizei Jura: Der Beiss-Malinois ist tot! Der Hund wurde vom Besitzer eingeschläfert. Der zuständige Kantonstierarzt Dr. Flavien Beuchat sagte in diesem Zusammenhang zu BLICK: «Das ist für alle die beste Lösung. Auch wenn wir das nicht gerne machen, war das Einschläfern in dieser Situation wohl notwendig.» Die Entscheidung des Hundehalters sei vernünftig und professionell gewesen.
Polizeihund war Gefahr für die Öffentlichkeit
Das Veterinäramt habe nämlich eine externe Spezialistin mit der Begutachtung des Hundes beauftragt. Diese sei zum Schluss gekommen, dass der Malinois eine Gefahr für die Öffentlichkeit darstelle. Beuchat erläutert: «Laut der Expertin ist der Hund zwar ein sehr guter Arbeiter gewesen, aber er konnte einfach nicht zwischen Privatleben und Arbeit unterscheiden.» Mit dem Kopf sei der Schäfer immer bei der Arbeit gewesen. Und jedes Mal, wenn er in eine für ihn unbekannte Situation geraten sei, habe er auch so reagiert wie auf der Arbeit.
«Die Spezialistin hat aber auch festgestellt, dass den Hundeführer keine Schuld für das Verhalten des Hundes trifft», so Beuchat weiter. Der belgische Schäferhund stamme aus einer Zuchtlinie für den Militär- und Polizeidienst. Diese Hunde hätten die Arbeit in den Genen. Deswegen wäre es in diesem Fall auch eine schlechte Option gewesen, den Hund einfach vom Dienst zu suspendieren, so Beuchat weiter: «Das geht nicht in so einem Fall. Die Restriktionen, die man treffen müsste, würden den Hund in seiner Lebensqualität zu sehr einschränken.» Der würde darunter leiden, wenn er nicht mehr arbeiten dürfte.
Der Polizist, dem der Beiss-Malinois gehört hatte, arbeitet weiterhin bei der Kantonspolizei Jura. Ein Kapo-Sprecher zu BLICK: «Er wird sich wohl bald einen neuen Hund kaufen.»
* Namen geändert