Seit Jahren wohnt Frau V.A.* in Bümpliz in einer Dreizimmer-Wohnung. Sie ist behindert, betreut zu Hause regelmässig ihre zwei Enkelkinder. V.A. lebt in einer Wohnung, welche die Stadt zu günstigeren Bedingungen anbietet.
Im Februar wurden Missbräuche bei den städtischen Sozialwohnungen publik. Rund die Hälfte der Mieter lebte unrechtmässig dort. Vom Sonderrecht profitierten offenbar Millionäre. Oder Mieter, die gar nicht in Bern angemeldet waren.
240 Franken mehr Zins
Die aktuelle Überprüfung betrifft aber auch Behinderte und Betagte. Auch V.A., die im Artikel anonym bleiben will. Ende März hatte sie einen Besprechungstermin bei der Liegenschaftsverwaltung und erfuhr: Entweder sie zieht in eine kleinere Wohnung um oder sie zahlt künftig 240 Franken mehr Mietzins.
1344 Franken sollen es dann sein. Eine Steigerung von über zwanzig Prozent. Für V.A. kommt ein Umzug jedoch nicht in Frage. Sie braucht das dritte Zimmer, wenn ihre Enkel sie besuchen.
«Immer noch ein eher moderater Zins»
Die Liegenschaftsverwaltung begründet den Aufschlag mit der Belegung: «Maximal ein Zimmer mehr als dauernd anwesende Personen», heisst es in einer schriftlichen Antwort.
Es gelte ein Rechenmodell, welches Lage und Qualität der Wohnung mit einberechne. «Wir halten fest, dass mit dem Modell immer noch ein eher moderater Zins errechnet wurde.»
Wie viele betroffen sind, ist unbekannt
Für Bea Habegger, Behindertenpolitikerin der städtischen SVP, ist das Vorgehen fragwürdig: «Versprochen wurde, dass Mieter kontrolliert werden, welche gar keinen Anspruch auf die Wohnungen haben.»
Habegger war beim Termin von V.A. auf der Verwaltung dabei. Der Verantwortliche habe gesagt, er habe «das Gleiche bereits mit Betagten erfolgreich durchgezogen».
Wie viele Behinderte und Betagte betroffen sind, ist unbekannt. Über «Zahlen zur Mieterstruktur» gibt die Stadt keine Auskunft.