Zuerst einmal gabs Schimpfis. Sie könnten nicht versehen, wieso ein diskussionslos gefällter Entscheid nun plötzlich so hohe Wellen werfe, erklärte der Gemeinderat an einer Medienkonferenz in Kehrsatz heute Mittag.
Schliesslich habe die Gemeindeversammlung schon im letzten Dezember Ja zur Ausgangsperre für Jugendliche gesagt – mit nur einer Gegenstimme. Doch am letzten Freitag gingen in Chäsitz die Betroffenen auf die Strasse, die an der Gemeindeversammlung nicht stimmberechtigt waren: Über 150 Jugendliche folgten dem Aufruf der Juso. Und demonstrierten friedlich bis 23 Uhr. Also ganz bewusst eine Stunde länger als erlaubt, das sei vorgängig so mit den Organisatoren vereinbart worden, erklärte die Gemeinde heute.
Und gibt sich gesprächsbereit. «In der nächsten Zeit wird der Gemeinderat mit den betroffenen Jugendlichen, Eltern, Schulleitungen und der Jugendarbeit die Angelegenheit diskutieren» kündigte Gemeindepräsidentin Katharina Annen (FDP) an. Der Gemeinderat wolle Verbesserungsvorschläge prüfen.
Ausgangssperre illegal?
Ungeachtet dessen wird nun die Ausgangssperre zum nationalen Thema. Wie sie bereits auf Blick.ch ankündigte, bringt die Juso das Thema ins Bundeshaus. Und zwar in der ersten Woche der Frühlingsession. «In der Fragestunde will ich vom Bundesrat wissen, ob solche Ausgangssperren überhaupt rechtmässig sind», sagt Nationalrat Cédric Wermuth (SP). Verneint der Bundesrat das, könnte man rechtlich dagegen vorgehen – auch gegen die Verbote in Ins, Kerzers und Interlaken. Bejaht er es, will Wermuth Ausgangsperren verbieten lassen.
Ein Vorstoss flankiert von Jugendverbänden sei bereits in Planung. Er rechnet mit breiter politischer Unterstützung. Wermuth: «Das ist eher eine Generationenfrage.»
Auch der Schweizer Gemeindeverband beobachtet die Entwicklung. Sollte die Zahl der Gemeinden mit Ausgeh-Sperren zunehmen, wolle man den Gemeinden Alternativen zu den Verboten aufzeigen. Denn, so Direktor Ulrich König: «Prävention ist immer besser als Intervention.»